Mieterbund kritisiert Wohnungsbauförderung des Landes

Kiel, den 17.01.2002

Mieterbund kritisiert Wohnungsbauförderung des Landes

Deutliche Kritik übt der Mieterbund Schleswig-Holstein an der Absicht der Landesregierung, die soziale Wohnraumförderung im Jahre 2002 noch einmal weiter einzuschränken und umzustrukturieren; hatte sich das Innenministerium im Programmjahr 2001 noch die Förderung von 2.125 Wohneinheiten und einem Fördervolumen von 134,4 Millionen DM auf die Fahnen geschrieben, so sind diese Ansätze für das Programmjahr 2002 nur noch mit ca. 1.730 Wohneinheiten und einem Fördervolumen von 56,9 Millionen EURO, entsprechend 111,3 Millionen DM in der Planung.

Dabei soll der Schwerpunkt der Fördermaßnahmen im Neubau von Eigentumsmaßnahmen liegen vorrangig in städtischen Gebieten gefolgt von Neubau, Ausbau und Erweiterung im Geschosswohnungsbau. An dritter Stelle steht die Modernisierung im Geschosswohnungsbau. Nach Auffassung des Landesmieterbundes besteht die Gefahr, dass die Schwerpunkte falsch gesetzt und die Fördermittel falsch angesetzt werden; unzureichend sind die Mittel nach Auffassung des Landesmieterbundes alle Male. Im Einzelnen:

Die Mieterorganisation hält es grundsätzlich für falsch, mit öffentlichen Mitteln des Landes Eigentumsmaßnahmen zu fördern. Der Bund stellt mit dem Eigenheimzulagengesetz eine äußerst effektive Förderung zur Verfügung, die maßgeblich mit dazu beigetragen hat, dass um die Ballungszentren herum auf der grünen Wiese jede Menge Eigenheime neu entstanden sind. Dies hat die Städte bis ins Mark getroffen, wie man auch an den hohen Einwohnerverlusten der schleswig-holsteinischen Städte ablesen kann. Mit dieser Stadtflucht ist eine soziale Segregation in den Städten einher gegangen, die große Problem in benachteiligten Stadtteilen ausgelöst hat. Diesen Fehlentwicklungen musste in Kiel, Lübeck, Flensburg, Neumünster, Itzehoe und Elmshorn schon mit Mitteln aus dem Programm „Soziale Stadt“ entgegen gewirkt werden. Damit allein konnte der Segregationsprozess jedoch noch nicht gestoppt werden. Wer die Einwohner in den Städten halten und gleichzeitig die entvölkerten Stadtteile aufwerten will, muss genau in diesen Stadtteilen mit seinen Maßnahmen ansetzen und die Lebensqualität dort wieder erhöhen. Dieser Prozess wird genauso langwierig sein, wie der vorangegangene Segregationsprozess und bedarf eines erheblichen Aufwandes. Eine Besserung wird sich nur dann einstellen, wenn die Wohnungen, das Wohnumfeld und das Freizeitangebot in den betroffenen Stadtteilen verbessert werden, ohne dass dies sich sofort in höheren Mieten niederschlägt. Ein Haushalt, der wirtschaftlich vor der Frage steht, ob er mit hoher staatlicher Subvention ein Eigenheim auf der grünen Wiese baut, oder lieber in einem benachteiligten Stadtteil wohnen bleibt, wird seine Entscheidung maßgeblich davon abhängig machen, ob das Verbleiben im Stadtteil nicht womöglich wirtschaftlich besonders attraktiv ist. Dies kann nichts anderes heißen, als dass Mieterhöhungen in benachteiligten Stadtteilen bis auf weiteres ein absolutes Tabu sein müssen, während gleichzeitig erhebliche Investitionen in die Modernisierung, in das Wohnumfeld und in die soziale Förderung benachteiligter Stadtteile zu tätigen sind. Die Förderung von Eigentumsmaßnahmen in städtischen Gebieten ist hierfür nicht geeignet, verlagert die Umzugstendenzen aus benachteiligten Stadtteilen nur von der grünen Wiese in andere Stadtteile der geförderten Kommune.

Nach Auffassung des Landesmieterbundes sind die Wohnungsbauflächen in den Kommunen auch viel zu schade, um sie für flächenfressende Eigenheime zu verbrauchen. Wohnen in der Stadt ist typischerweise Wohnen zur Miete und Wohnen im Geschosswohnungsbau. Wohnen zur Miete hat überdies den unschätzbaren Vorteil, dass die auch von der Gesellschaft gewünschte Mobilität gefördert wird. Dies war einer der Gründe, weswegen der Bundesgesetzgeber die langen Kündigungsfristen einseitig für Mieterhaushalte auf 3 Monate abgesenkt hat. Die Trennungsmöglichkeit von einem Eigenheim hingegen sind noch ungleich schwieriger, als sie es bei langen Kündigungsfristen jemals waren. Das Eigenheim heißt nicht umsonst Immobilie. Es kann durchaus als „Klotz am Bein“ seines ansonsten mobilen Besitzers verstanden werden.

Aus diesem Grunde lehnt der Landesmieterbund die geplante Orientierung auf eine verstärkte Eigentumsförderung in den Städten ab.

Er ist überdies der Auffassung, dass auch die Reduzierung auf nur noch 1.730 zu fördernde Einheiten viel zu gering ist; von rund 80 Tausend noch verbliebenen Sozialwohnungen werden in 8 Jahren nur noch ca. 40 Tausend über Preis- und Belegungsbindungen verfügen. Alleine im Jahre 2002 werden ca. 5 Tausend und im Jahre 2003 weitere 8 Tausend Wohnungen diese Bindungen verlieren.

Schon jetzt stehen den insgesamt rund 85 Tausend subventionierten Wohnungen mehr als 120 Tausend Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt und weitere 42 Tausend Empfänger von Hilfe in besonderen Lebenslagen (beide Zahlen Stand Jahresende 1999) gegenüber. Deswegen fordert der Landesmieterbund eine Konzentration der Wohnungsbauförderungsmittel auf den Mietwohnungsbau in benachteiligten Stadtteilen. Ausdrücklich unterstützt der Landesmieterbund die Landesregierung in der Absicht, neben dem Neubau auch den Ausbau, die Erweiterung und die Modernisierung zu fördern. Im Konzert mit Städtebauförderungsmitteln und Mitteln aus dem Programm „Soziale Stadt“ ist es nach Auffassung des Landesmieterbundes möglich, benachteiligte Stadtteile wieder aufzuwerten, wenn die vorhandenen Mittel vorrangig dort investiert werden. Der Landesmieterbund unterstützt auch die Absicht der Landesregierung, Genossenschaften verstärkt zu fördern, da dies ebenfalls dem Zweck der Aufwertung benachteiligter Stadtteile dient.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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