Hochwasser in Schleswig-Holstein Die Ansprüche des Mieters bei Überschwemmungsschäden
Kiel, den 07.08.2002
Hochwasser in Schleswig-Holstein
Die Ansprüche des Mieters bei Überschwemmungsschäden
Die heftigen Regenfälle im Juli haben schwerste Schäden angerichtet, von denen in vielen Fällen auch Mieterhaushalte betroffen waren. Das Hochwasser ist knapp abgelaufen, da bahnen sich die ersten Auseinandersetzungen um die Rechtsfolgen an.
Dazu teilen die schleswig-holsteinischen Mietervereine folgendes mit:
Überschwemmungsschäden in der Wohnung des Mieters gelten grundsätzlich als schwerwiegender Mangel, der auch zu einer Mietminderung berechtigt. Solange die Wohnung nicht uneingeschränkt benutzt werden kann, darf der Mieter die Miete kürzen auch dann, wenn der Vermieter für die Überschwemmung nicht verantwortlich, vielleicht sogar selber Leidtragender des Hochwassers ist. Steht die Wohnung unter Wasser und ist sie praktisch nicht bewohnbar, so kann der Mieter die Miete um 100 Prozent kürzen (Amtsgericht Friedberg, WM 95, 393). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Überschwemmung durch einen „Jahrhundertregen“ ausgelöst worden ist (Amtsgericht Friedberg, WM 84, 198) oder durch Hochwasser. Nach Ansicht des Landgerichtes Kassel (NJW-RR 96, 1355) kann der Mieter das ganze Jahr über die Miete kürzen, wenn es zwischen Dezember und Januar regelmäßig zu Hochwasserständen kommt und Wasser in den zur Wohnung gehörenden Kellerraum eindringt.
Im Einzelfall ist der Mieter durchaus auch berechtigt, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen, wenn durch den Wassereinbruch erhebliche Gesundheitsgefährdungen drohen. Dies gilt z.B. dann, wenn mit dem Hochwasser Schlamm und Fäkalien aus der Kanalisation in die Wohnung gedrückt worden sind – so befunden durch das Amtsgericht Köln (WM 97, 261). Aber auch wenn die Mieterwohnung mehr als 50 Zentimeter unter Wasser steht, völlig durchfeuchtet ist und die Versorgung mit Strom und Gas ausfällt, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt (Amtsgericht Regensburg WM 88,361).
Schwieriger sind die Rechtsfragen zu beantworten, die aus Personen- und Sachschäden infolge Hochwassers herrühren; Hausrat- oder Wohngebäudeversicherungen decken Überschwemmungsschäden in der Regel nicht ab. Diese springen vielmehr dann ein, wenn Leitungswasser z.B. aufgrund eines Wasserrohrbruches Schäden herbeiführt. Dennoch sind im Einzelfall Schadensersatzansprüche denkbar z.B. wenn Wasser schon bei niedrigeren Wasserständen in die Wohnung eingedrungen ist, eine Wiederholung absehbar war und der Vermieter trotz Aufforderung zur Mängelbeseitigung die Ursache fristgemäß nicht behoben hat.
Daneben sind Schadensersatzansprüche aus sogenannter „Garantiehaftung“ denkbar. Voraussetzung dafür ist, dass die Mietsache schon bei Vertragsabschluss mangelbehaftet – also erkennbar hochwassergefährdet war. Die Lage der Wohnung in einem Gebiet, das nur bei ganz außergewöhnlichen Witterungsverhältnissen hochwassergefährdet ist, stellt einen derartigen Fehler aber nicht dar. Anders wenn die Wohnung in einem hochwassergefährdeten Gebiet liegt. In diesem Falle muss der Vermieter für den Mangel einstehen, wenn er den Mieter trotz Kenntnis der Hochwassergefährdung bei Vertragsabschluss nicht über die Gefahren aufgeklärt hat (Amtsgericht Friedberg, WM 95, 393). Schadensersatz bedeutet in diesem Fall, dass der Vermieter die Kosten einer anderweitigen Unterbringung des Mieters z.B. im Hotel bezahlen muss, die Kosten einer Maklercourtage, die Umzugskosten und unter Umständen auch die Kosten an Schäden des Mobiliars.
In jedem Falle hat der Mieter aber Anspruch darauf, dass der Vermieter die Wohnung selber zügig trocknet, z.B. auch durch den Einsatz von Trocknungsgeräten und dass der Vermieter beschädigte Installationsgegenstände und die Dekoration der Wohnung – Tapeten, Farbanstriche u.ä. mehr – wieder herrichtet.
Um Mietminderungsansprüche durchzusetzen sollte der Mieter seine Mietzahlung sofort unter einen Vorbehalt stellen. Nur in diesem Falle kann er eine Mietminderung rückwirkend vornehmen und hat genug Zeit, sich über seine Rechte in Ruhe aufklären zu lassen. Für den Fall, dass Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, ist es dringend erforderlich, eine gründliche Beweissicherung über die Ursache und den Umfang der Beschädigungen sicherzustellen. Fotos und Zeugenaussagen sind dazu mindestens erforderlich. Wenn möglich, empfiehlt es sich, die beschädigten Gegenstände aufzubewahren.
Und schließlich lohnt es sich auch in die Zukunft zu denken: Der von einem Überschwemmungsschaden heimgesuchte Mieter sollte einen Anspruch gegen seinen Vermieter geltend machen, Vorkehrungen gegen eine neuerliche Überschwemmung dieser Art zu treffen. Verlässt sich der Vermieter darauf, dass der Schaden vielleicht nur ein einmaliges Ereignis war und wiederholt sich der Vorfall, sind Schadensersatzansprüche vergleichsweise leicht durchzusetzen. Nähere Auskünfte zu allen hiermit zusammenhängenden Fragen erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine.
Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel