Kappungsgrenzenverordnung: Viel zu spät und halbherzig – Norderstedt, Kiel und Lübeck draußen vor

Kiel, den 29.10.2014

Kappungsgrenzenverordnung:
Viel zu spät und halbherzig – Norderstedt, Kiel und Lübeck draußen vor

Als reichlich verspätet und halbherzig kritisiert die Mieterorganisation das vom Innenministerium angekündigte Inkrafttreten der Kappungsgrenzenverordnung am 01.12.2014. Bayern beispielsweise hat als erstes Bundesland eine entsprechende Verordnung schon am 15. Mai 2013 in Kraft gesetzt. Das war auch nötig, da die Diskussion um die Kappungsgrenzenverordnung viele Vermieter auch in Schleswig-Holstein veranlasst hat, Mieterhöhungen vorzuziehen, und zwar selbst dann, wenn sie die 15%-Marke gar nicht überschreiten wollten. Die Verzögerung von mehr als einem Jahr hat den Mietern in Schleswig-Holstein sehr geschadet. Am lautesten hat sich der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen gegen die Kappungsgrenzenverordnung positioniert. Mit dem Slogan „Wir sind die Mietenbremse“ hat der Verband, dem zum Beispiel Unternehmen wie die Deutsche Annington und die GAGFAH angehören, gegen die Verordnung Stimmung gemacht. Die von der Anbieterseite gefahrene Kampagne hat im Innenministerium und bei einigen Kommunen offenkundig Wirkung erzeugt. Anders ist jedenfalls nach Meinung der Mieterorganisation das lange Zögern des Innenministeriums nicht erklärlich. Ob auch der Wechsel des ehemaligen Innenministers Breitner auf den Chefsessel des Verbandes Norddeutscher Wohnungsunternehmen ursächlich dafür war, entzieht sich der Kenntnis der Mietervereine.

 Ganz besonders kritisieren die Mietervereine jedoch die Tatsache, dass weite Teile des hamburgischen Umlandes und die Städte Kiel, Lübeck und Flensburg von der Verordnung nicht erfasst werden. Für Norderstedt ist dieses Ergebnis geradezu grotesk. Norderstedt ist unter den größeren Städten das mit Abstand teuerste Pflaster im Land. Der Wohnungsmarkt dort ist untrennbar mit dem hamburgischen Wohnungsmarkt verbunden und rangiert auf dem gleichen Mietniveau. Auch die Mietendynamik bleibt in Norderstedt nicht hinter der in Hamburg zurück. Aber auch Pinneberg leidet unter dem Druck des hamburgischen Wohnungsmarktes und müsste dringend geschützt werden, denn in Hamburg gilt die Kappungsgrenzenverordnung schon länger als ein Jahr. Wenn die Kommunalpolitiker dies nicht erkennen, wäre es nach Meinung der Mieterorganisation Pflicht des Innenministeriums gewesen, die Kommunen auch gegen den Willen der Kommunalpolitiker einzubeziehen.

Norderstedt, Kiel und Flensburg sind offenbar ebenfalls auf die Drohungen der Wohnungswirtschaft mit einem „Investitionsboykott“ hereingefallen. Dieses Argument wird nach Kenntnis der Mietervereine schon seit Jahrzehnten vorgetragen, wenn laut über eine Ausweitung des Mieterschutzes nachgedacht wird. Dass es nicht stichhaltig ist belegt die Tatsache, dass die Baugenehmigungszahlen trotz der Diskussion bundesweit rasant anziehen. Dort, wo sie es nicht tun, liegen die Hindernisse eher im Baurecht. Im Übrigen wird die große Masse der Vermieter von der Kappungsgrenzenverordnung nicht einmal betroffen: Es sind die schwarzen Schafe auf dem Wohnungsmarkt, die versuchen, mehr als 15 % Mieterhöhung herauszuschinden.

Die Zahlen des Innenministeriums, auf denen die Verordnung basiert, stammen aus dem Jahre 2012. In der Zwischenzeit hat sich der Mietenanstieg weiter beschleunigt. In Kiel beispielsweise haben die Bestandsmieten der stark nachgefragten Wohnungen der Größenklasse zwischen 60 m² und 80 m² in normaler Ausstattung und Wohnlage um 12 % zugelegt. Ein weiterer Anstieg ist gewiss, weil die Landeshauptstadt nicht einmal mit dem Wohnungsbau für die Neubürger hinterher kommt. Um 1.700 Einwohner hat die Stadt im Jahre 2013 zugelegt. Alleine sie benötigen rund 1.000 Wohnungen. Fertiggestellt wurden im Jahre 2013 nicht einmal 400 Wohnungen. Und auch für das Jahr 2014 ist bestenfalls mit der Fertigstellung von ca. 700 Wohnungen zu rechnen. Der Mietenanstieg wird sich also weiter beschleunigen. In Norderstedt, Pinneberg und Wedel liegen die Dinge ähnlich. Aus diesem Grunde fordert die schleswig-holsteinische Mieterorganisation das Land und die Kommunen auf, der aktuellen Entwicklungsrechnung zu tragen und Kiel, Lübeck, Flensburg, Norderstedt und Pinneberg in die Verordnung einzubeziehen.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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