Landesverbandstag in Neumünster – Schleswig-Holsteinische Mietervereine fordern zügigen Wohnungsbau

 

Kiel, den 19.03.2016

Landesverbandstag in Neumünster
Schleswig-Holsteinische Mietervereine fordern zügigen Wohnungsbau

Heute findet nach zwei Jahren wieder turnusgemäß der Landesverbandstag der acht schleswig-holsteinischen Mietervereine mit 140 Gästen, Delegierten und Gastdelegierten in Neumünster statt. Dreh- und Angelpunkt ist die notwendige Wohnraumversorgung mit bezahlbaren Mieten.

Im öffentlichen Teil wird anstelle von Ministerpräsident Torsten Albig, der kurzfristig verhindert ist, Frau Staatsekretärin Söller-Winkler aus dem Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten die schleswig-holsteinische Wohnungssituation aus der Sicht der Landesregierung darstellen. Bundesdirektor Lukas Siebenkotten wird die Position des Deutschen Mieterbundes auch im Hinblick auf die notwendige finanzielle Förderung zur Ankurbelung des Wohnungsbaus ausführen. Im Rahmen seines Grußwortes berichtet der stellvertretende Stadtpräsident Bernd Delfs aus Neumünster und der Landesvorstand zieht Bilanz aus der Sicht der Mietervereine.

Im internen Teil werden die Delegierten einen neuen Landesvorsitzenden wählen und organisations- und wohnungspolitische Anträge beraten.

Wohnungspolitisch waren die vergangenen zwei Jahre abgesehen von der großen Anzahl von asylsuchenden Personen geprägt durch den Wegfall von damals noch etwa 65.000 Sozialwohnungen auf den  heutigen Bestand von noch 46.000 Wohnungen. Gleichzeitig stieg die Gesamtbevölkerung zwischen 2012 und 2014 um mehr als 24.000 Einwohner. Die Forderungen sind daher:

Preisgünstigen und geförderten Mietwohnungsbestand auf 120.000 Wohnungen ausbauen

Die schleswig-holsteinischen Mietervereine beanstanden, dass mit dem mehrfachen Verkauf öffentlichen Wohnungsbestandes an und durch Finanzinvestoren und fehlendem Neubau von preiswerten Wohnungen Mieten extrem gestiegen sind und Wohnraum zu angemessenen Preisen bzw. gänzlich fehlt. So waren bereits Ende 2014 fast 220.000 Arbeitssuchende auf Grundsicherung nach dem SGB II angewiesen, das waren alleine fast vier Personen auf eine geförderte Wohnung, nicht mitgerechnet die Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter oder Wohngeld benötigen. Benötigt werden im Gebäudebestand mindestens 10 % belegungs- und preisgebundene Wohnungen.

Neugründung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften fördern

Nach dem Verkauf landeseigener und kommunaler Wohnungen an Finanzinvestoren, dem Wegfall von werkseigenen Wohnungen und dem Verlust von belegungs- und preisgebundenen Wohnungen kann das Land keine preiswerten Wohnungen mehr garantieren. Von den ca. 10.000 Neubauwohnungen in 2014 wurden lediglich knapp 4.000 im Mehrfamilienhaus errichtet. Auch angesichts des Unterbringungsbedarfs von Flüchtlingen führt die Zurückhaltung von Wohnungsunternehmen beim Neubau zu einer erkennbaren Notlage.  Die Genossenschaften können den Bedarf nicht auffangen, so dass die Kommunen im Rahmen der Daseinsvorsorge selbst gefordert sind, preiswerte Wohnungsbestände zu errichten.

Wohnungsaufsichts- und Pflegegesetz verabschieden

Viele Wohnungsbestände von Finanzinvestoren und manchen privaten Vermietern verfallen zusehends. Ursächlich ist offenbar der anhaltende Handel mit Wohnungsbeständen. Mit völligem Unverständnis begegnen die Mietervereine den Bestrebungen von Vonovia, weitere Wohnungsbestände wie zuvor die der LEG, der KWG, der BIG, der BUWOG oder der GAGFAH zu übernehmen und aktuell die Deutsche Wohnen zu bedrängen. Gleichzeitig werden größere Bestände wie in Eckernförde, Flensburg oder Neumünster an neue „Player“ weiterveräußert. Ein Blick für notwendige Reparaturen geht dabei verloren. Das Ergebnis sind von Schimmel befallene Wohnungen, marode Dächer, Balkone, Heizanlagen oder Sanitär- und Elektroinstallationen. Sie beeinträchtigen nicht nur die Mieter, sondern haben Auswirkungen auf die Stadtteile. Es besteht Handlungsbedarf, um weiteren Verfall zu verhindern.

Verordnungen über Kappungsgrenze und Mietpreisbremse nachbessern

Am 01.12.2014 ist die Kappungsgrenzen-Verordnung in Kraft getreten, nach der in 15 Kommunen in Schleswig-Holstein die Mieterhöhung auf maximal 15 % begrenzt wird. Das zugrundeliegende Gutachten hat Maßstäbe angelegt, die der damaligen und erst recht der heutigen Wohnungssituation nicht gerecht werden. Der Wohngeld- und Mietenbericht 2014 vom Oktober 2015 zeigt, dass die Bruttokaltmiete der Wohngeldempfängerhaushalte in 2013 mit 6,98 € bereits an 6. Stelle hinter den Bundesländern Bremen (7,12 €), Hessen (7,15 €), Baden-Württemberg (7,23 €), Berlin (7,34 €) und Hamburg (8,55 €) liegt. In Kiel liegen diese Mieten bei 7,65 € und in Lübeck bei 7,34 €. Dennoch sind alle Universitätsstädte nicht in die Verordnung aufgenommen – das ist zu korrigieren.

Am 01.12.2015 ist die Verordnung zur Mietpreisbremse in Kraft getreten, nachdem die zwischenzeitlichen Mietpreissteigerungen als Basis für die betroffenen Kommunen zugrunde gelegt wurden. So fiel die Kappungsgrenzen-Gemeinde Wedel aus der Liste der betroffenen Kommunen und andere konnten nur mit einem positiven Votum ihrer Kommune aufgenommen werden. Die Mietervereine fordern die Korrektur dieses Geschenks an Vermieter und die Erweiterung der Liste der Kommunen.

Kommunen mit Kappungsgrenze und Mietpreisbremse in eigene Mietenstufen eingruppieren

Am 01.01.2016 ist das Wohngeldgesetz in Kraft getreten. Viele Bädergemeinden waren zuvor nicht angemessen berücksichtigt. Trotz hoher Mieten im Ort wurden die durchschnittlich niedrigeren kreisweiten Mieten mit einer einheitlichen Mietenstufe zugrunde gelegt. Nach der Änderung bestehen diese unberücksichtigten Mietbelastungen noch in den Gemeinden Helgoland, einigen Kommunen auf Sylt und in Wyk auf Föhr. Landtag und Landesregierung sind aufgefordert, sich für eine Korrektur einzusetzen.

Verantwortlich: Geschäftsführerin Heidrun Clausen, Kiel

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