Landesverbandstag in Pinneberg Mietervereine fordern Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum

Kiel, den 10.03.2018

Landesverbandstag in Pinneberg

Mietervereine fordern Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum

Auf dem alle zwei Jahre stattfindenden Landesverbandstag in Pinneberg fordern die schleswig-holsteinischen Mietervereine die Politik und die Wohnungswirtschaft auf, sich auf den Bau von bezahlbaren Wohnungen zu konzentrieren. In den vergangenen Jahren wurden trotz des Anstiegs der Bevölkerung ganz offensichtlich weder die notwendige Anzahl, noch die dringend erforderlichen preiswerten Wohnungen für durchschnittliche und untere Einkommensbezieher errichtet.

Vor ca. 140 Teilnehmern, darunter Gäste aus Politik, Verwaltung und dem Verbandswesen, Delegierte und Gastdelegierte aus den angeschlossenen Mietervereinen, referiert Ministerpräsident Daniel Günther zur aktuellen Wohnungspolitik in Schleswig-Holstein.

Mieterbund-Präsident Dr. Franz-Georg Rips fordert konsequenten Mietwohnungsbau mit dem Thema „Bezahlbarer Wohnraum für alle – Forderungen zur Wohnungs- und Mietenpolitik“.

Jochen Kiersch, Vorsitzender des Mieterbundes Schleswig-Holstein, erklärt:“ Die Wohnungsprobleme sind hausgemacht: Sie resultieren aus dem Verkauf kommunaler Wohnungsbaugesellschaften an renditeorientierte Finanzinvestoren, der gewollten Reduzierung des Sozialwohnungsbestandes und der viel zu geringen Neubautätigkeit!“

In Schleswig-Holstein leben etwa 350.000 Menschen, die auf öffentliche Zuwendungen wie Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Wohngeld angewiesen sind. Hinzu kommen 10.000 Obdachlose und eine Vielzahl, die aus unterschiedlichen Gründen eine bezahlbare Wohnung suchen.

Schleswig-Holstein hat aber nur noch 47.000 öffentlich geförderte Wohnungen, nachdem 2014 aufgrund einer Gesetzesänderung 14.000 Wohnungen aus der Belegbindung fielen. Ende 2018 werden ca. 22.000 Wohnungsmieter betroffen sein, die im sogenannten „freien Wohnungsmarkt“ landen und absehbar mit Preisen der Vergleichsmiete belastet werden. Nach Modernisierungen der Gebäude werden die gleichen Haushalte mit Mieterhöhungen von nicht selten 2,00 € bis 5,00 € pro Quadratmeter, entsprechend 250,00 € monatlich konfrontiert. Zudem gehören die Mieten in Schleswig-Holstein zu den teuersten im Bundesgebiet: 75 % der Gemeinden (40 von 53) liegen in den obersten Mietenstufen IV bis VI. Nach dem Wohngeld- und Mietenbericht 2016 liegt Schleswig-Holstein mit 7,31 € Bruttokaltmiete der wohngeldfähigen Mieten nach wie vor an 6. Stelle der teuersten Bundesländer. Wohngeldhaushalte hatten durchschnittlich bis zu 50 % ihres monatlichen Gesamteinkommens für die Miete zu zahlen.

Obwohl bis 2030 über 150.000 Wohnungen neu gebaut werden müssten, plant das Innenministerium nur mit jährlich 1.600 öffentlich geförderten Wohnungen. Und die Zahl der Baugenehmigungen von Mehrfamilienhäusern ging 2017 wieder um mehr als 10 % gegenüber dem Vorjahr zurück. Dabei ist ohnehin noch zu berücksichtigen, dass in Mehrfamilienhäusern auch teure Eigentumswohnungen gebaut werden. Aber die Wohnungswirtschaft fordert lediglich von den Kommunen, Bauland zu Vorzugspreisen abzugeben. Sie ziert sich aber, wenn sie ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden soll.

Solange Finanzinvestoren Mieten flächendeckend „per Knopfdruck“ erhöhen, sind laut Mieterbund Schleswig-Holstein sowohl die von 20 % auf 15 % abgesenkte Kappungsgrenze im Bestand, als auch die Mietpreisbremse bei Neuvermietung für viele Jahre unverzichtbar. Die Regierungskoalition wird daher aufgefordert, beide Verordnungen zu verlängern, auf weitere Gemeinden auszudehnen und die erforderlichen finanziellen Mittel bereit zu stellen.

Bund, Land und Kommunen werden von den Mietervereinen aufgefordert, wieder eigene Wohnungsbaugesellschaften zu gründen und selbst zu bauen, um sowohl Mieterhaushalte, als auch öffentliche Kassen nachhaltig zu entlasten. Öffentliche Grundstücke dürfen nicht mehr verkauft, sondern allenfalls in Erbpacht vergeben werden. Die Bekämpfung des anhaltenden Abbaus des Sozialwohnungsbestandes muss als Daueraufgabe oberste Priorität für die Politik sein. Deshalb fordert der Mieterbund Schleswig-Holstein anlässlich des Landesverbandstages dazu auf, die von ihm und dem SoVD gestartete Initiative zur Aufnahme eines Rechts auf eine angemessene Wohnung in die Landesverfassung zu unterstützen!

Verantwortlich: Geschäftsführer Heidrun Clausen / Carsten Wendt, Kiel

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