Norddeutsche Mieterverbände rücken zusammen

Kiel, den 24.08.2006

Norddeutsche Mieterverbände rücken zusammen

Parallel zur verstärkten Kooperation zwischen den Bundesländern rücken auch die norddeutschen Mieterverbände Niedersachsen/Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein näher zusammen. Dafür gibt es handfeste Anknüpfungspunkte:

 

Der Wohnungsmarkt macht nicht an Stadt- oder Ländergrenzen halt. Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden durch die „Metropol-Region Hamburg“ verbunden, die jüngst erst ihren Regionsrat ins Leben gerufen hat. Die DMB-Verbände Hamburg und Schleswig-Holstein greifen auf statistisches Material des gemeinsamen Statistischen Amtes zurück. Der Prozess setzt sich fort: In dem gemeinsamen Unternehmen „DATAPORT“ bündeln die Datenzentralen von Hamburg und Schleswig-Holstein ihre Aktivitäten – eine Fusion der Wohnungsbaukreditanstalt HH und Investitionsbank SH ist angedacht. Die HSH Nordbank – entstanden aus den fusionierten Landesbanken von Hamburg und Schleswig-Holstein – hält 38 Prozent an der DGAG – der ehemaligen LEG Schleswig-Holstein mit ca. 22.000 Wohnungen. Auf der Vermieterseite organisiert der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen die Interessen seiner Mitglieder in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern unter einem Dach, genau wie der Verband der freien Wohnungsunternehmen. Sowohl der Politik, wie auch der Verwaltung und den wohnungswirtschaftlichen Verbänden will die Mieterorganisation auf gleicher Augenhöhe begegnen.

Mit dem Ausverkauf großer Wohnungsbestände drängen völlig neue Großvermieter auf den Markt: Annington, Cerberus, Fortress, Blackstone und andere sind länderübergreifend aktiv. Ihre Zahl nimmt zu. Etliche Anbieter schotten sich rigoros gegen „Problemhaushalte“ und „Negativmieter“ ab. Mietinteressenten werden systematisch durchleuchtet, müssen sich teilweise einen „Kontrollbesuch“ in ihrer bisherigen Wohnung gefallen lassen. Verwaltungen werden zentralisiert: wegen der Heizkosten möge man sich nach Leipzig, wegen der Betriebskosten nach Bochum und wegen der Miethöhe nach Hannover wenden. Auch den Geschäftspraktiken von Großanbietern müssen Mieterverbände gemeinsame Strategien entgegensetzen.

Gleich gelagerte Interessen gibt es auch aufgrund der geographischen Lage; die Küstenländer haben den höchsten Energiebedarf für Raumwärme im Bundesgebiet. Daher sind norddeutsche Mieterhaushalte von der Preisexplosion auf dem Energiemarkt überproportional betroffen. Den neuen überregional aktiven Energieriesen hat ein Zusammenschluss der Mieterverbände mehr entgegenzusetzen, als ein einzelner Mieterverein oder -Verband. Das gleiche gilt für andere Anbieter, die immer häufiger ins Visier der Mieterschützer geraten: Entsorger wie Remondis oder Dienstleister wie Innotec treten ebenfalls überregional auf.

Wegen der hohen Energiekosten im Norden wollen die vier Verbände auch auf eine Änderung im Wohngeldgesetz hinwirken, wonach bei der Berechnung des Wohngeldes zukünftig auch die Heizkosten als Belastung mit berücksichtigt werden, analog der Regelung für Hartz-IV-Bezieher.

Typisch für die norddeutschen Länder sind die Probleme in den Küstenbädern: die Bädergemeinden sind zu klein um in eine eigene Mietenstufe nach dem Wohngeldgesetz eingestuft zu werden. Also werden sie mit den preiswerten Kommunen des Binnenlandes gleichgesetzt. So erhält ein Mieter in Westerland Wohngeld nach Mietenstufe vier, wie der Kreis Nordfriesland obwohl das Mietgefüge in Westerland 30 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegt und Wohngeld eigentlich nach Mietenstufe sechs gezahlt werden müsste. Eine gemeinsame Initiative der norddeutschen Mieterverbände soll der Forderung nach einer gesetzlichen Neuregelung mehr Nachdruck verleihen.

Die vier norddeutschen Mieterverbände vertreten über ihre 60 Mietervereine in 150 Beratungsstellen 500.000 Mieterinnen und Mieter in 250.000 Mieterhaushalten.

Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel

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