Aktuelle Studie: Schleswig-Holstein braucht mehr Sozialwohnungen – Landesweit fehlen 85.000 geförderte Wohnungen

Kiel, den 11.09.2012

Aktuelle Studie: Schleswig-Holstein braucht mehr Sozialwohnungen
Landesweit fehlen 85.000 geförderte Wohnungen

In Schleswig-Holstein sinken die Chancen für Menschen mit geringem Einkommen, eine günstige Mietwohnung zu finden. Sozialwohnungen werden immer mehr zur Mangelware. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die das Pestel-Institut in Hannover erstellt hat. Demnach fehlen in Schleswig-Holstein rund 85.000 Sozialwohnungen.

Das Pestel-Institut hat für das Land einen aktuellen Bedarf von rund 152.000 Sozialwohnungen errechnet. Dieser konzentriere sich im Wesentlichen auf die kreisfreien Städte und das hamburgische Umland. Derzeit seien landesweit allerdings lediglich rund 67.000 auf dem Wohnungsmarkt registriert. Bei den Sozialwohnungen klafft eine enorme Lücke. Zwar engagiert sich das Land im Gegensatz zu anderen Bundesländern durchaus nennenswert in der Wohnungsbauförderung, gleichwohl ist der nächste Einbruch im Sozialwohnungsbestand schon vorprogrammiert, weil am 01.01.2014 der Bestand weiter absackt auf dann nur noch 54.096 Wohnungen. Da hilft auch der Hinweis des Innenministeriums nicht, dass ja Mietwohnungen, die ihre Sozialbindungen verloren haben physisch bestehen bleiben und freifinanziert weiter angeboten werden. Die frei gewordenen Wohnungen eröffnen in der Regel Mieterhöhungsspielräume und eignen sich trefflich als Spekulationsobjekte. Sie üben keinen dämpfenden Effekt auf das Mietgefüge mehr aus. Einkommensschwache Haushalte stehen dann immer in Konkurrenz zu „Besserverdienenden“ und fallen leicht durchs Raster.

Der Leiter des Pestel-Instituts warnt vor einem „weiteren Schwund bei den Sozialwohnungen“. Matthias Günther: „Vor allem, wenn Sozialwohnungen aus der Bindung fallen, die an Finanzinvestoren verkauft worden sind, sind fast immer Mieterhöhungen fällig“, so Günther.

Bundesweit habe die Entwicklung beim sozialen Wohnungsbau insbesondere in Großstädten, Ballungsräumen und Universitätsstädten längst zu einem Engpass geführt. „Es ist höchste Zeit, gegenzusteuern. Insbesondere Geringverdiener, Alleinerziehende und Rentner sind auf günstige Wohnungen angewiesen. Für sie bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist eine der drängendsten sozialen Herausforderungen“, so Günther. Deutschland brauche einen „Masterplan für den sozialen Wohnungsbau“. Hier sei der Bund ebenso gefordert wie die Länder und die Kommunen.

Auch Schleswig-Holstein ist darauf angewiesen, den Fehlbestand, der sich in den vergangenen Jahren bei den Sozialwohnungen immer weiter aufgestaut hat, abzubauen. Hierzu müssten weitaus mehr Mietwohnungen gefördert werden. Darauf weist der Mieterbund Schleswig-Holstein schon seit Jahren hin. Er hält einen Bestand von 120.000 Sozialwohnungen landesweit für erforderlich und bleibt damit noch deutlich hinter der Zahl des Pestel-Institutes zurück. Dazu müsste die öffentliche Hand – stärker als bisher – die Modernisierung finanziell fördern. Auch der Ankauf von Belegungsrechten kann zu einer wichtigen Stellschraube werden – gerade in Regionen, in denen der Neubau keine große Rolle mehr spielt. Mit beiden Instrumenten lässt sich die Miethöhe über Jahre hinweg festschreiben.

Um den Abwärtstrend zu bremsen, sei auch der zusätzliche Bau von Sozialwohnungen notwendig. „Voraussetzung für ein Wachstum beim Sozialwohnungsbestand ist die Bereitschaft der Landesregierung, alle drei Hebel effektiv anzusetzen: den Ankauf von Belegrechten, die Förderung der Modernisierung mit gedeckelten Mieten und den Neubau. Nur so lässt sich die Zahl der Sozialwohnungen auf das Niveau hieven, das benötigt wird.“

Zur Wohnungsbau-Initiative haben sich neben dem Deutschen Mieterbund (DMB) und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) zusammengeschlossen. Die Wohnungsbau-Initiative fordert vom Bund eine strikte Zweckbindung für das Geld, das er für den sozialen Wohnungsbau an die Länder gebe. Dies müsse kontrolliert werden. Es könne nicht sein, dass die Bundesländer zwar 518 Millionen Euro jährlich an Kompensationszahlungen für den sozialen Wohnungsbau bekämen, dieses Geld aber letztlich nicht vollständig in Sozialwohnungen steckten. Die Wohnungsbau-Initiative stärkt den Ländern jedoch auch den Rücken und übte Kritik am Bund: „Die Zahl der Sozialwohnungen geht bundesweit rapide bergab. Und in dieser Situation denkt die Bundesregierung tatsächlich noch laut über eine Kürzung der Kompensationszahlungen ab 2014 nach. Selbst wenn man den Bestand an Sozialwohnungen auf dem heutigen, auch bundesweit viel zu geringen Niveau einfrieren will, braucht man eine deutliche Aufstockung der Finanzmittel“, so Ronald Rast von der Wohnungsbau-Initiative.

Nach Meinung des Mieterbundes Schleswig-Holstein ist das Land umso mehr gefordert, als hierzulande die meisten Wohnungen der öffentlichen Hand an Finanzinvestoren verkauft worden sind. Und schließlich zweigt das Land von den ursprünglichen Wohnungsbaufördermitteln von rund 120 Mio. Euro jährlich inzwischen auch rund 30 Mio. Euro für die Krankenhaussanierung ab. Dieser Aderlass muss rückgängig gemacht werde, so der Mieterbund Schleswig-Holstein.

Nähere Auskünfte zu allen hiermit zusammenhängenden Fragen erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Sprechzeiten und Aufnahmebedingungen können bei der Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes Schleswig-Holstein, Eggerstedtstraße 1, 24103 Kiel, Telefon 0431/97919-0 erfragt werden. Sie sind auch im Internet verfügbar unter www.mieterbund-schleswig-holstein.de.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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