Landesverbandstag der schleswig-holsteinischen Mietervereine in Rendsburg – Desolate Wohnungssituation verschärft sich rasant

Kiel, den 02.03.2024

Landesverbandstag der schleswig-holsteinischen Mietervereine in Rendsburg
Desolate Wohnungssituation verschärft sich rasant

Schon auf dem digitalen Landesverbandstag im Jahre 2022 hat die Mieterorganisation auf die sich in allen Bereichen verschlechternde Situation auf dem schleswig-holsteinischen Wohnungsmarkt hingewiesen. Daran hat sich einiges geändert, aber das meiste ist noch schlechter geworden.

Inzwischen ist auch bei der Landesregierung die Erkenntnis angekommen, dass der schleswig-holsteinische Wohnungsmarkt angespannt ist. Aber der Wohnraummangel und mit ihm steigende Mieten und zunehmender Druck auf Mieterhaushalte ist nicht vom Himmel gefallen. Er war vorhersehbar. Er hat sich über Jahre aufgebaut und ist politikgemacht – so der Landesvorsitzende Jochen Kiersch.

Ursache ist unter anderem die kritiklose Übernahme von Wohnungsmarktprognosen der Vergangenheit, die praktisch alle davon ausgingen, dass die Bevölkerung in Schleswig-Holstein schrumpfen und sich der Wohnungsmarkt schon dadurch entspannen werde. Das Gegenteil ist eingetreten. Aktuell leben in Schleswig-Holstein 2,953 Millionen Menschen in 1,456 Millionen Haushalten. Tendenz weiter steigend. Dem stehen 1,541 Millionen Wohnungen gegenüber. Das ergibt einen rechnerischen Überschuss von ca. 85.000 Wohnungen. Unter Abzug einer Mobilitätsreserve von 3 % schrumpft der Überschuss auf 40.000 Wohnungen. Zieht man Schrottimmobilien, mangelbedingte Leerstände, Zweit- und Ferienwohnungen, unechte Einliegerwohnungen, gewerblich genutzte Wohnungen – auch „airbnb“ – davon ab, so ergibt sich ein kräftiges Wohnungsdefizit. Der Landesmieterbund schätzt den Fehlbestand auf nach wie vor rund 100 Tausend Wohnungen. Tendenz steigend. Präzisere Zahlen sind schwer zu ermitteln, weil insbesondere die Abrissstatistik sehr ungenau ist.

Wohnungsbau

Vor allen Dingen werden viel mehr neue Wohnungen gebraucht. Aber die Zahl der Baugenehmigungen ist rückläufig. Die Zahl der Baufertigstellungen wird dem folgen. Und selbst diese Zahl muss man sich in der Regel sehr genau anschauen. Vieles, was in der Statistik der Baufertigstellungen als Neubau erscheint, ist in Wahrheit Ersatzbau und erhöht den Wohnungsbestand gerade nicht, wohl aber die Mieten. Wohnungswirtschaft rechnet in 100 Jahren. Bei einem Ersatzbedarf von einem Prozent jährlich bräuchten wir alleine dafür 15.000 Wohnungen. Es gibt durchaus Wohnungen, die auch länger als 100 Jahre halten. Aber es gibt auch viele, die schon sehr viel früher abgängig sind. Das gilt insbesondere für den Wohnungsbestand, der zwischen 1950 und 1970 errichtet worden ist. Und vor dem Hintergrund der Energiewende wird ein nennenswerter Anteil des Wohnungsbestandes wegen zu hoher Modernisierungskosten einem Neubau weichen müssen.

Hinzu kommt die Anzahl der Wohnungen, die für den Abbau des Defizits benötigt wird. Dafür braucht es 20 Jahre, wenn man es mit jährlich 5.000 neuen Wohnungen abbauen will. Dem jüngst veröffentlichten Wohnungsmarktprofil der Investitionsbank ist zu entnehmen, dass das aktuelle Bevölkerungswachstum rasant ist. Kein Wunder – der Druck des hamburgischen Wohnungsmarktes auf den Süden unseres Landes ist enorm. Hinzu kommen erhebliche Anstrengungen der Wirtschaft um zusätzliches Fachpersonal im Bestand – von betrieblichen Neuansiedlungen ganz zu schweigen. Auch die brauchen neue Wohnungen. Die Mieterorganisation geht jedenfalls davon aus, dass landesweit jährlich 20.000 Wohnungen benötigt werden.

Geförderter Wohnungsbau

Neben dem Wohnungsbau für alle gibt es ein großes Problem bei einkommensschwachen Haushalten und solchen mit erschwertem Zugang zu bezahlbaren Wohnraum. Dieses Land hatte einmal rund 220.000 öffentlich geförderte Wohnungen, die den Mietwohnungsmarkt spürbar entlastet haben. Durch planmäßige Tilgung der Baudarlehen und weil nicht genug neue Wohnungen gefördert werden, sinkt deren Zahl beständig. Schlimmer noch: Dieses Land hat sich den Luxus erlaubt, mit der Einführung des Wohnraumförderungsgesetzes tausende öffentlich geförderte Wohnungen ohne Not vorzeitig aus den Bindungen zu entlassen. Mutmaßlich die meisten dieser Wohnungen sind in die Hand von Finanzinvestoren gelangt, die wegen des ursprünglich niedrigen Mietniveaus riesige Gewinne erwirtschaftet haben. Mehr geförderte Wohnungen hat das damalige Gesetz jedenfalls nicht erbracht, wie es die Mieterorganisationen vorhergesagt hat und wie man es heute sehen kann.

Der aktuelle Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen im Land dürfte sich um die Marke von 44.000 Einheiten bewegen. Tendenz: Weiter sinkend! Wenn wir aus der Krise heraus wollen brauchen wir auf jeden Fall auch mehr öffentlich geförderte Wohnungen. Der Bedarf daran wird absehbar weiter steigen. Dazu tragen das Absinken des Rentenniveaus, die unverändert hohe Zuwanderung, und die Zunahme von prekären Anstellungs-verhältnissen kräftig bei. Es muss eine Trendwende her. Die Zahl der geförderten Wohnungen muss wieder steigen. Deswegen erwartet die Mieterorganisation von der Landesregierung, dass sie sich dafür eine Zielmarke setzt. Sie hält eine Zahl von 120.000 öffentlich geförderten Wohnungen für erforderlich – nicht einmal 10 % des Wohnungs-bestandes.

In Teilen von Politik und Wirtschaft wird statt des geförderten Wohnungsbaus mehr Wohngeld favorisiert. Das Wohngeld ist aber ein zwiespältiges Instrument. Für Mieterhaushalte ist es ohnehin nur ein durchlaufender Posten. Sie führen es eins zu eins an den Vermieter ab. Aber im Gegensatz zur öffentlichen Förderung im Mietwohnungsbau bietet das Wohngeld keinerlei Anreiz für die Wohnungswirtschaft, sich am Wohnungsbau zu beteiligen. Ganz im Gegenteil. Der Mietwohnungsneubau würde den Markt entlasten und damit die Rendite schmälern. Die Mangellage ist für Anbieter viel profitabler. Besonders fatal ist es, dass sich die Wohngeldzahlungen praktisch nicht zurückdrehen lassen. Damit fehlt dauerhaft Geld für die Wohnraumförderung.

Im Verhältnis zu anderen Bundesländern steht Schleswig-Holstein bei der öffentlichen Förderung noch ganz gut da. Es gibt das Zweckvermögen Wohnungsbau mit einem Volumen von ca. 2,4 Milliarden €, aus dem der geförderte Wohnungsbau finanziert wird. Aufgelegt mit Mitteln aus dem Marshallplan sorgt es seitdem dafür, dass Jahr für Jahr neue Wohnungen gefördert werden können. Und ganz nebenbei: Im Gegensatz zu allen möglichen „Sondervermögen“, die heutzutage angelegt oder gefordert werden, handelt es sich bei dem Zweckvermögen Wohnungsbau um ein Guthaben und nicht um Schulden. Doch es ist gefährdet! Aus dem Zweckvermögen Wohnungsbau ist durch politisches Handeln das Zweckvermögen Wohnungsbau und Krankenhausfinanzierung geworden. Und natürlich treibt den Mieterbund die Sorge um, dass im nächsten Schritt daraus das Zweckvermögen Wohnungsbau und Infrastrukturfinanzierung werden könnte. Deswegen die klare Forderung des Landesmieterbundes an das Land: Hände weg vom Zweckvermögen! Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Wohnraummangellage erwarten wir vom Land, dass die Krankenhausfinanzierung aus anderen Mitteln aufgebracht und das Zweckvermögen wieder ausschließlich für die Wohnraumförderung verwendet wird, so der Landesvorsitzende.

Aus gutem Grund: Denn aktuell hat das Zweckvermögen noch eine Forderung gegen das Land in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro. Diese Mittel fehlen in der Wohnungsbauförderung, jedenfalls solange sie nicht an das Zweckvermögen zurückgeflossen sind.

Doch das ist nicht alles: Die Inflation nagt am Zweckvermögen. Bei einem Wertverlust von nur 3 % jährlich, müsste es um 72 Millionen € jährlich aufgestockt werden, damit es seinen Wert behält und bei rasant gestiegenen Baukosten eine annähernd gleichbleibende Zahl von Wohnungen fördern kann. Jährlich fließen dem Zweckvermögen nur rund 12 Millionen € aus Bundesmitteln zu. Das ist zu wenig, um den Wertverlust auszugleichen. Die Landesregierung hat im abgelaufenen Jahr 175 Millionen € zusätzlich für die Wohnraumförderung bereitgestellt. Zweifellos ein richtiger Schritt. Aber damit werden nicht einmal die 200 Millionen € für die Krankenhausfinanzierung abgedeckt. Vielleicht war das der Grund, weshalb das Land im Januar noch einmal 100 Millionen € nachgeschossen hat. Das ergäbe rechnerisch ein Plus von 75 Millionen €, das den Inflationsverlust von ein bis zwei Jahren abdecken könnte. Mehr aber auch nicht. Die Mieterorganisation erwartet aber vom Land, dass es das Zweckvermögen gegen Inflationsverluste dauerhaft absichert und darüber hinaus um 50 Millionen € jährlich aufstockt, damit zukünftig wieder mehr Wohnungen öffentlich gefördert werden können.

Wohnungsbaugesellschaften in öffentlicher Trägerschaft

Dass der Markt das Wohnungsproblem nicht löst ist offenkundig. Die Mieterorganisation drängt deshalb seit langem darauf, neue Wohnungsbaugesellschaften in öffentlicher Trägerschaft aufzubauen. Das Modell der österreichischen Hauptstadt Wien mit ihrem kommunalen Wohnungsbestand wird hierzulande von der Wohnungswirtschaft gerne als „Sozialromantik“ abgetan. Aber niemand behauptet, dass in Wien das Mieterparadies ausgebrochen ist. Auch dort wird es Problemhäuser geben und der Wohnungsmarkt ist ebenfalls eng. Aber es gibt keinerlei Zweifel: Die Verhältnisse in Wien sind insgesamt wesentlich mieterfreundlicher als hierzulande. Mutmaßlich aus marktideologischen Überlegungen gibt es dazu auf Seiten der Landesregierung aber offenbar keinerlei Überlegungen.

Die Hansestadt Lübeck hat der Versuchung widerstanden, ihre kommunale Wohnungsbaugesellschaft Trave-GmbH zu verkaufen und fährt gut damit. Die Landeshauptstadt Kiel hat sich nach langem Zögern entschlossen, eine neue kommunale Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, die ihre Arbeit bereits aufgenommen hat. Das könnte gerne ein bisschen schneller gehen und ein bisschen größer gedacht werden, aber es ist der richtige Weg. Auch in anderen Bundesländern gibt es gut funktionierende Wohnungsbaugesellschaften in öffentlicher Trägerschaft. Das Land Bayern hat gleich drei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften mit knapp 19.000 Wohnungen. Der VdW Bayern zählt 107 kommunale Wohnungsbaugesellschaften zu seinen Mitgliedern. Und die Freie- und Hansestadt Hamburg hat mit der SAGA ein landeseigenes Unternehmen mit 138.000 Wohnungen, davon 30.000 öffentlich gefördert und weitere 6.300 freifinanziert, aber mit Preisbindung. Wer solche Leistungen nicht würdigt, müsste vielleicht mal seine ideologische Brille absetzen.

Neben der Neugründung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften fordert die Mieterorganisation, bei der Ansiedlung von Gewerbe auch für die rechtzeitige Bereitstellung des benötigten Wohnraums zu sorgen, zum Beispiel durch Werkswohnungen. Damit wird ein realer Standortvorteil geschaffen. Das Land ist einer der größten Arbeitgeber in Schleswig-Holstein. Jahrzehntelang hat es mit der LEG Schleswig-Holstein seinen Bediensteten guten, preiswerten Wohnraum zur Verfügung gestellt. Die LEG ist verkauft und heute sehen wir, dass allenthalben eine massive Konkurrenz um Fachpersonal besteht. Das stärkt unsere Forderung, dass auch das Land wieder eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft gründet und ausbaut, so der Landesmieterbund.

Northvolt

Stattdessen passiert eher das Gegenteil: 137 Millionen € schiebt die Landesregierung für die Ansiedlung des schwedischen Unternehmens Northvolt über den Tresen. Geld ist offenbar da. Dieses Projekt hätte das Potenzial für kreative Lösungen gehabt. Binnen gut zwei Jahren sollen vor den Toren von Heide 3.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. 3.000 Arbeitsplätze brauchen 3.000 Wohnungen. Die müssen aber erst noch gebaut werden. Und es ist schon jetzt absehbar, dass sie in dieser Anzahl nicht einmal annäherungsweise zur Verfügung stehen werden. Das wird massive Auswirkungen auf den benachbarten Wohnungsmarkt haben. Was hätte also näher gelegen, als Northvolt die Förderung mit der Maßgabe zu überlassen, dass dafür zusammen mit der Fabrik auch die nötigen Wohnungen gebaut werden. Noch besser wäre es gewesen, wenn das Land die Gelegenheit genutzt und zum Beispiel mit dem Kreis und den Kommunen eine Wohnungsbaugesellschaft auf den Weg gebracht hätte, um für den benötigten Wohnraum zu sorgen. Ausreichender Wohnraum für Arbeiter und Angestellte wäre ein wertvoller Standortvorteil gewesen. Chance vertan!

Mieterschützende Verordnungen erlassen

Politische Entscheidungen sind die Ursache für die aktuellen Probleme am Wohnungsmarkt. Deswegen verlangt die Mieterorganisation, dass die Politik alle Anstrengungen unternimmt, um aus dieser Misere wieder herauszukommen.

Kappungsgrenzenverordnung und Mietpreisbremse

Schleswig-Holstein ist ein unwirtliches Land für Mieterinnen und Mieter – ganz besonders im hamburgischen Umland, wo rund zwei Drittel der schleswig-holsteinischen Bevölkerung wohnen. In Hamburg gibt es einen qualifizierten Mietspiegel, es gilt die Mietpreisbremse, es gibt eine Kappungsgrenzenverordnung und eine Kündigungsschutzfristverordnung. Das Land verfügt über eine große landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Zwei Straßen weiter – unmittelbar hinter der Landesgrenze in Wedel, in Pinneberg, in Norderstedt, in Ammersbek, in Ahrensburg und runter bis Geesthacht gibt es das alles nicht, mit Ausnahme des nicht qualifizierten Mietspiegels in Norderstedt. Der Wohnungsmarkt in der Metropolregion Hamburg ist aber ein gemeinsamer Wohnungsmarkt. Wer glaubt, dass der Druck des hamburgischen Wohnungsmarktes an der Landesgrenze halt macht, ist im Irrtum. Und niemand muss sich wundern, dass die Mieten im Hamburger Rand in abenteuerliche Höhen steigen. So kostet eine ca. 75 m² große Wohnung der Altersklasse 1968 bis 1977 in Hamburg-Hamm laut Mietspiegel aktuell im Mittel 6,75 €. Eine vergleichbare Wohnung in Norderstedt kostet im Mittel 8,29 €. Das ist das Ergebnis schleswig-holsteinischer Wohnungspolitik.

Deswegen sieht der Landesmieterbund die Landesregierung in der Pflicht, den Mietenanstieg effektiv zu begrenzen. Jedenfalls solange die Mangellage anhält. Neben verstärktem Neubau sind dafür auch die Kappungsgrenzenverordnung und die Mietpreisbremse erforderlich. Beides hat die vormalige Landesregierung abgeschafft bzw. auslaufen lassen. Aus dem Innenministerium verlautet jedoch, dass eine neue Kappungsgrenzenverordnung voraussichtlich noch in diesem Frühjahr in Kraft treten kann. Das ist ein richtiger Schritt, obwohl es nicht Ausdruck einer stringenten Wohnungspolitik ist, dieses Instrument vier Jahre lang brachliegen zu lassen.

Mieterhöhungen im Bestand sind das eine. Aber auch die Neuvertragsmieten belasten Mieterinnen und Mieter sehr. Dies gilt natürlich vorrangig für diejenigen, die aktuell auf Wohnungssuche sind. Am Ende fließen die hohen Mieten der Neuabschlüsse aber auch in die ortsübliche Vergleichsmiete ein und dynamisieren den Mietenanstieg. Deswegen fordert die Mieterorganisation auch die Wiedereinführung der Mietpreisbremse ohne Rücksicht auf ideologische Scheuklappen. Durch diese wird die Miethöhe bei Neuabschluss von Mietverträgen grundsätzlich auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete plus zehn Prozent begrenzt.
Wohnraumschutzgesetz

Die Hölk-Hochhäuser in Bad Oldesloe haben im vorigen Jahr auch öffentlich die Gemüter erhitzt. Katastrophale Zustände in der Gebäudesubstanz, in der Technik und im Management der Liegenschaften haben den betroffenen Mietern das Leben zur Hölle gemacht. Die Behörden haben im Wesentlichen nur zugeschaut. Das lag auch daran, dass ihre personellen, finanziellen und rechtlichen Möglichkeiten sehr beschränkt waren. Das Instrument der sogenannten „Ersatzvornahme“ beispielsweise birgt für eine Kommune beträchtliche Risiken, insbesondere bei unklaren Eigentumsverhältnissen. Ein Wohnraumschutzgesetz könnte die Eingriffsmöglichkeiten der Kommunen deutlich verbessern. Der Landtag hat einen Entwurf dazu bereits beraten – es kann demnächst in Kraft treten. Dann wird man sehen, ob das Gesetz für die Gemeinden auch handhabbar ist. An der mit diesem Gesetz auch eröffneten Möglichkeit, gemeindliche Zweckentfremdungs-verordnungen zu erlassen, hat die Mieterorganisation allerdings erhebliche Zweifel. Schon in der Vergangenheit hätten die Gemeinden per Satzung gegensteuern können, ohne dass davon in größerem Umfang Gebrauch gemacht worden wäre. Und es steht auch noch nicht fest, ob die Gemeinden überhaupt in der Lage sein werden, den zusätzlichen personellen Aufwand zu stemmen, denn das Land hat sich elegant aus der finanziellen Verantwortung gezogen. Aber dennoch: Das Wohnraumschutzgesetz wird gebraucht und der Landesmieterbund begrüßt dessen absehbare Einführung.

Kündigungssperrfristverordnung

Die angespannten Märkte haben zur Folge, dass viele, die es sich leisten können, versuchen, in Wohneigentum auszuweichen. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist für Mieter jedoch brandgefährlich und führt häufig zum Wohnungsverlust. Das Gesetz sieht eine Sperrfrist von drei Jahren nach Umwandlung vor, danach kann wegen Eigenbedarfs gekündigt werden. Der Bundesgesetzgeber eröffnet aber mit § 577 a Abs. 2 BGB die Möglichkeit, diese Sperrfrist in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten auf zehn Jahre zu verlängern, wenn die Länder eine entsprechende Verordnung erlassen. In Schleswig-Holstein gibt es eine derartige Verordnung nicht, obwohl eine Mangellage jedenfalls in den Ballungsräumen unstreitig ist. Die Verordnung wird aber dringend gebraucht. Vonovia beispielsweise macht überhaupt keinen Hehl daraus, dass sich das Unternehmen auch aus dem Bestand heraus durch Wohnungsverkäufe Kapital verschaffen will. Vor diesem Hintergrund erwartet die Mieterorganisation von der Landesregierung, dass für das hamburgische Umland, Kiel, Lübeck und Flensburg eine Kündigungsschutzverordnung erlassen wird. Vorbeugend sollte aber auch schon die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschwert werden. Eine Rechtsgrundlage hierfür bietet § 250 Baugesetzbuch. Danach kann die Begründung von Wohneigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten von einer Genehmigung abhängig gemacht werden. Diese Möglichkeit sollte den Gemeinden geboten werden. Das Land ist aufgefordert, hierfür die Rechtsgrundlage zu schaffen. Auch bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen hat Marktideologie dann keinen Platz, wenn die Umwandlung von einer Wohnraummangellage getrieben ist.

Betriebskosten

In der Mieterschaft und bei den Sozialleistungsträgern werden die rasant steigenden Betriebskosten als großes Problem wahrgenommen. Erfolgversprechende politische Ansätze, den Anstieg der Betriebskosten zu dämpfen oder gar zu einer Senkung zu kommen, sind nicht ersichtlich. Eine Ursache sind die Aktivitäten von Finanzinvestoren an unseren Mietwohnungsmärkten. Rein renditeorientiert nutzen sie jede Möglichkeit, um die Erträge hoch zu schrauben, auch die Betriebskosten. Der Fehler steckt im System. Die Umlagefähigkeit von Betriebskosten bietet der Vermieterseite einen enormen Anreiz, möglichst viele Allgemeinkosten in die Betriebskosten zu verlagern und umzulegen. In Großunternehmen werden sich ganze Abteilungen mit dieser Aufgabe befassen. Das ist einer der Gründe, weswegen die Mieterorganisation seit langem verlangt, dass die Betriebskosten wieder mit der Miete abgegolten werden. Dieselben Abteilungen, die sich jetzt damit befassen, die Betriebskosten möglichst aufzublasen, würden sich dann damit befassen, sie zu Gunsten des Unternehmens möglichst zu senken. Der geförderte Wohnungsbau wäre ein gutes Instrument, um – zunächst versuchsweise – mit der Förderung festzulegen, dass nur verbrauchsabhängige Betriebskosten umgelegt werden dürfen.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, 1. Vorsitzender, Kiel

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