Fehlbelegungsabgabe: Schleswig-Holstein langt zu

Kiel, den 08.08.98

Fehlbelegungsabgabe: Schleswig-Holstein langt zu

Pünktlich zum Inkrafttreten des neuen Erhebungszeitraumes für die Fehlbelegungsabgabe hat das Land auch eine neue Vergleichsmietenbestimmung vorgenommen. Diese ist in einer Verordnung niedergelegt, die für 182 Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein das örtliche Mietgefüge beschreibt.

Auf Basis dieser Festlegung soll die Differenz zwischen der (in der Regel niedrigeren) öffentlich geförderten Miete und der (in der Regel höheren) örtlichen Vergleichsmiete abgeschöpft werden.

Gegenüber der für den letzten 3-Jahreszeitraum gültigen Verordnung hat das Land allerdings einschneidende Veränderungen vorgenommen. So wird die Fehlbelegungsabgabe nunmehr in 50 weiteren Städten und Gemeinden erhoben, angefangen bei der Gemeinde Klein Pampau (701 Einwohner) bis zur Gemeinde Fockbek mit 6.078 Einwohnern.

Gleichzeitig hat eine völlig neue Zuweisung der einzelnen Gemeinden zu den einzelnen Wohnungsmarkttypen stattgefunden. Dabei haben sich in den 5 verschiedenen Wohnungsmarkttypen teilweise dramatische Verschiebungen ergeben; während die Wohnungsmarkttypen 1 und 2 dabei noch eher unauffällig sind, haben sich für den Wohnungsmarkttyp 4 durchweg Senkungen ergeben zwischen 2,78 und 29,10 %. Der Wohnungsmarkttyp 3 hingegen weist durchgängig nur Steigerungsraten auf, die höchste mit 27,72 Prozent. Besonders arg erwischt hat es den Wohnungsmarkttyp 5, der im wesentlichen das hamburgische Umland beschreibt. Dort finden sich Steigerungsraten, deren niedrigste bei 14,24 % liegt, während die höchste mit satten 43,12 % zu Buche schlägt.

Die Verordnung selber, das zugrundeliegende Gutachten und die Art des Zustandekommens werden vom Mieterbund Schleswig-Holstein mit Nachdruck kritisiert. Im einzelnen:

1. Die Steigerungsraten in den Wohnungsmarkttypen 3 und 5 liegen weit außerhalb der Steigerungsraten, die bei den örtlichen Mietspiegeln zu beobachten sind oder vom Statistischen Landesamt gemeldet werden.

2. Auch die strukturelle Veränderung der neuen Verordnung schafft zusätzliche Ungerechtigkeiten. So werden die unterstandardmäßig ausgestatteten Wohnungen in der Verordnung nicht mehr einzeln ausgewiesen. Statt dessen wird kraft Gesetzes ein 10 %-Abzug vorgenommen, der jedoch weit hinter den Erfordernissen zurückbleibt. Im Kieler Mietspiegel beispielsweise werden für Substandardwohnungen DM 2,21/qm/Monat abgezogen, ein Anteil, der in der Regel mehr als 20 % ausmacht.

3. Auch die Tatsache, daß 50 Gemeinden zusätzlich in diese Verordnung aufgenommen wurden, macht die Verordnung nach Auffassung des Landesmieterbundes nicht plausibler. In vielen, namentlich kleineren, Gemeinden bilden die öffentlich geförderten Wohnungen häufig die einzigen Mietwohnungsbestände im Geschoßwohnungsbau. Ein seriöser Vergleich mit Mietwohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern ist dort schlechterdings nicht möglich.

4. Erneut kritisiert der Landesmieterbund die Tatsache, daß das Land nicht die örtlichen Mietspiegel als Vergleichsmaßstab heranzieht; diese Mietspiegel beschreiben das Mietgefüge sehr viel differenzierter, als das die immer glatter werdende Landesverordnung kann. Die Mietspiegel werden laufend den Erfordernissen angepaßt. Ein Rückgriff darauf würde das Land keinen Pfennig kosten. Statt dessen wird nebeneinanderher erhoben und doppelt bezahlt. Erschwerend tritt hinzu, daß für die Mietenermittlung der Landesverordnung nur Telefoninterviews geführt werden, die bei weitem nicht so sorgfältig sind, wie dies beispielsweise bei Mietspiegel-Erhebungen der Fall ist.

5. Der Landesmieterbund kritisiert schließlich die Tatsache, daß das Land die Verordnung „in aller Stille“ erlassen hat. In den Mietspiegel-Gemeinden ist es üblich, daß die am Wohnungsmarkt beteiligten Interessenverbände in die Mietspiegel-Erhebung eingebunden und daß ihre Empfehlungen berücksichtigt werden. Zwar war bekannt, daß das Land ein neues Gutachten zur Aktualisierung der alten Verordnung einholen würde, über die vorgenommenen tiefgreifenden strukturellen Veränderungen hat sich das Land jedoch ausgeschwiegen.

Der Landesmieterbund hat daher das der Verordnung zugrundeliegende Originalgutachten angefordert, um es detaillierter zu überprüfen. Er hat die Absicht, die Verordnung gegebenenfalls inhaltlich anzugreifen, wenn die vielfältigen Inplausibilitäten durch das Gutachten nicht ausgeräumt werden. Er verknüpft dies mit der Aufforderung an das Land, bei der nächsten Gesetzesänderung wieder auf die kommunalen Mietspiegel zurückzugreifen und die wohnungswirtschaftlichen Verbände zukünftig in die Vergleichsmietenbestimmung einzubinden.

Der Landesmieterbund hat die von der Verordnung erfaßten Gemeinden in seine Internet-Präsentation aufgenommen einschließlich der Wohnungsmarkttypentabelle (Zugang über www.mieterbund.de).

Anlagen: Wohnungsmarkttypentabelle 1995 und 1998

Verordnung 1995

Wohnungsmarkttyp 1

 

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

 

mit Bad/Dusche oder Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

unter 40 m²

8,29

10,51

10,77

11,80

13,63

40 – unter 60 m²

8,02

9,05

9,87

10,85

13,43

60 – unter 90 m²

7,68

8,52

8,88

10,09

11,00

90 m² und mehr

6,70

7,69

8,22

8,98

9,69

Wohnungsmarkttyp 2

 

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

 

mit Bad/Dusche oder Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

unter 40 m²

8,07

10,58

11,26

13,18

15,26

40 – unter 60 m²

8,39

9,64

10,49

12,35

13,92

60 – unter 90 m²

7,94

9,02

9,97

11,18

12,58

90 m² und mehr

6,58

8,49

10,01

10,14

11,24

Wohnungsmarkttyp 3

 

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

 

mit Bad/Dusche oder Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

unter 40 m²

8,16

9,80

11,07

11,22

13,21

40 – unter 60 m²

7,48

9,44

10,28

11,09

12,35

60 – unter 90 m²

6,81

8,52

9,46

10,21

11,49

90 m² und mehr

6,13

7,81

8,99

9,75

9,92

Wohnungsmarkttyp 4

 

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

 

mit Bad/Dusche oder Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

unter 40 m²

8,25

12,33

13,07

13,44

17,12

40 – unter 60 m²

7,37

11,19

11,99

12,46

17,42

60 – unter 90 m²

8,09

10,07

10,51

11,81

16,87

90 m² und mehr

8,03

8,71

9,71

11,78

13,20

Wohnungsmarkttyp 5

 

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

 

mit Bad/Dusche oder Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

mit Bad/Dusche und Sammel- heizung

unter 40 m²

8,48

10,48

11,81

13,00

16,09

40 – unter 60 m²

7,77

10,13

11,27

13,51

14,34

60 – unter 90 m²

8,14

9,48

10,39

11,38

12,59

90 m² und mehr

7,97

8,90

9,68

9,62

10,83

 

 

Verordnung 1998

Wohnungsmarkttyp 1

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

unter 40 m²

11,12

11,17

12,64

40 – unter 60 m²

9,06

9,46

10,93

10,21

60 – unter 90 m²

9,42

9,15

10,64

10,94

90 m² und mehr

8,83

8,21

9,68

9,42

Wohnungsmarkttyp 2

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

unter 40 m²

10,36

13,04

13,02

40 – unter 60 m²

10,18

11,05

12,16

12,61

60 – unter 90 m²

9,41

10,20

10,84

12,13

90 m² und mehr

8,03

9,00

10,40

11,08

Wohnungsmarkttyp 3

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

unter 40 m²

12,19

12,66

13,49

40 – unter 60 m²

10,97

11,36

13,53

15,57

60 – unter 90 m²

10,11

10,79

11,83

14,50

90 m² und mehr

10,36

9,86

10,64

12,67

Wohnungsmarkttyp 4

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

unter 40 m²

11,16

11,86

13,04

40 – unter 60 m²

10,00

10,41

12,00

12,41

60 – unter 90 m²

9,23

9,75

10,85

11,96

90 m² und mehr

8,33

9,44

9,93

10,53

Wohnungsmarkttyp 5

1948 bis 1968

1969 bis 1978

1979 bis 1989

ab 1990

unter 40 m²

13,79

14,69

15,19

40 – unter 60 m²

12,14

13,04

16,03

16,75

60 – unter 90 m²

11,21

11,87

14,36

15,82

90 m² und mehr

11,26

11,35

12,72

15,50

 

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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