Rund um die Schönheitsreparaturen Hohes Streitpotential mit beträchtlichem Kostenrisiko

Kiel, den 09.04.2002

Rund um die Schönheitsreparaturen
Hohes Streitpotential mit beträchtlichem Kostenrisiko

Die Umzugsrate in Schleswig-Holstein befindet sich seit langem auf hohem Niveau. Die Landeshauptstadt Kiel beispielsweise gehört zu den drei Städten mit der höchsten Umzugsrate im Bundesgebiet. Schönheitsreparaturen spielen beim Wohnungswechsel eine herausragende Rolle. Sie sind hochgradig konfliktträchtig und bergen für den Mieter beträchtliche Risiken.

Aus diesem Grunde weisen die schleswig-holsteinischen Mietervereine auf folgendes hin:

Die gesetzliche Regelung ist eindeutig. Nach § 536 BGB ist es die Pflicht des Vermieters, das Mietobjekt in gebrauchstauglichem Zustand zu erhalten, wozu unstreitig auch die Schönheitsreparaturen gehören. Haben die Parteien zu den Schönheitsreparaturen also nichts vereinbart, so ist es die Aufgabe des Vermieters, Schönheitsreparaturen durchzuführen.

In vielen Formularmietverträgen wird die Verpflichtung, Schönheitsreparaturen durchzuführen, jedoch auf den Mieter abgewälzt. Dies ist grundsätzlich zulässig. Drei Fragen stehen dabei im Vordergrund:

  1. Zählt das, was ein Vermieter verlangt, überhaupt zu den Schönheitsreparaturen? Sonstige Reparaturen muss nämlich der Vermieter zahlen abgesehen von Schäden, die der Mieter verschuldet hat und von Bagatellschäden.
  2. Ist die im Mietvertrag enthaltene Klausel überhaupt wirksam?
  3. Wann wird der Anspruch auf Durchführung von Schönheitsreparaturen fällig?

Erstere Frage ist noch relativ leicht zu beantworten: Zu den Schönheitsreparaturen zählt das Anstreichen, Kalken und Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen von Heizkörpern, Fußböden und Heizungsrohren sowie der Türen und der Fenster, jeweils von innen. Kurz gesagt alles, was sich beim normalen Wohnen abnutzt und in der Regel mit „Farbe, Tapete und etwas Gips“ erneuert werden kann. Hierzu gehören nicht Putzschäden, das Abschleifen und Versiegeln des Parkettfußbodens, das Auswechseln des Teppichbodens oder die Beseitigung von Folgeschäden aufgrund von Feuchtigkeitseinwirkungen.

Sehr viel schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob eine Klausel, mit der die Verpflichtung, Schönheitsreparaturen durchzuführen, auf den Mieter abgewälzt wird, im Einzelfall wirksam ist oder nicht. Es gilt das in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommene „AGB-Gesetz“, wonach dem Mieter prinzipiell nicht mehr an Schönheitsreparaturen auferlegt werden darf, als es seiner eigenen Wohnzeit entspricht. Wer also eine Wohnung unrenoviert übernimmt, diese aber nach Bedarf renovieren soll, müsste auch Schönheitsreparaturen übernehmen, die eigentlich in der Zeit vor Mietbeginn hätten ausgeführt werden müssen. Eine derartige Klausel ist unwirksam mit der weitreichenden Folge, dass die Verpflichtung, Schönheitsreparaturen durchzuführen, insgesamt beim Vermieter verblieben wäre. Das gleiche gilt, wenn der Mieter vertraglich verpflichtet ist, während der Mietzeit in regelmäßigen Abständen Schönheitsreparaturen durchzuführen und unabhängig davon beim Auszug erneut renovieren soll. Die schleswig-holsteinischen Mietervereine raten daher dringend, Klauseln und Klauselkombinationen zu Schönheitsreparaturen nicht blindlings zu glauben, sondern diese im Zweifelsfalle fachkundig überprüfen zu lassen. Dies gilt auch für sogenannte „Abgeltungsklauseln“. Danach kann der Mieter zu Geldzahlungen verpflichtet werden für diejenigen Schönheitsreparaturen, die seit der letzten Renovierung „verbraucht“ worden sind, und zwar anhand eines fundierten Kostenvoranschlages. Aber auch bei diesen Klauseln ist äußerste Vorsicht geboten: Sie dürfen nicht zu einer zeitanteiligen Mehrbelastung führen und der Mieter hat grundsätzlich das Recht, der Geldzahlung dadurch zu begegnen, dass er Arbeiten selber ausführt.

Als Faustformel für die Fälligkeit von Schönheitsreparaturen gelten folgende Fristen:

Drei Jahre für Küchen, Bäder und Duschen, fünf Jahre für Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen und Toiletten sowie sieben Jahre für alle anderen Nebenräume. Schönheitsreparaturen, die während des laufenden Mietverhältnisses abweichend vom Fristenplan nicht durchgeführt worden sind, werden jedoch spätestens bei Beendigung des Vertragsverhältnisses fällig.

Und wie müssen diese Schönheitsreparaturen ausgeführt werden? Der Mieter braucht nicht unbedingt ein Handwerksunternehmen zu beauftragen, sondern kann Schönheitsreparaturen auch durchaus selber ausführen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Arbeiten fachgerecht ausgeführt werden. „Laufnasen“ an Tür- und Fensteranstrichen, offene Nähte oder Überlappungen an den Tapetenbahnen sowie übermalte Tür- und Fensterbeschläge muss der Vermieter nicht akzeptieren. Er darf aber auch keine übertriebenen Ansprüche an die Güte der Renovierungsarbeiten stellen.

Ein Mieter, der nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung unrenoviert oder schlecht renoviert zurückgibt, obwohl er zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet gewesen wäre, geht ein beträchtliches finanzielles Risiko ein; er läuft Gefahr, dass der Vermieter nach Fristsetzung ein Handwerksunternehmen mit der Durchführung beauftragt und die dafür angefallenen Kosten als Schadensersatz bei seinem Mieter geltend macht. Je nach Größe der Wohnung können dabei Beträge bis zu mehreren Tausend EURO anfallen. Das gleiche Risiko geht ein Mieter ein, der sich über den Zustand seiner Wohnung bei Rückgabe keine Beweise sichert; auch in diesem Falle besteht das Risiko, dass der Mieter nachträglich zur Kasse gebeten wird, weswegen es immer richtig ist, die Wohnung vor Rückgabe mit Zeugen zu besichtigen und Fotos anzufertigen – am besten sich vom Vermieter die Mangelfreiheit bescheinigen zu lassen.

Ganz besonders warnen die Mietervereine aber vor unüberlegten Unterschriften unter „Wohnungsübergabeprotokolle“. Viele Vermieter verwenden seitenlange Formulare, in denen haarklein angekreuzt werden kann, welche Wand, Decke, Tür o.ä. in Ordnung oder mangelhaft ist. Gewiefte „Wohnungsbetreuer“ füllen derartige Formulare in Windeseile aus und bitten dann „mal schnell“ um eine Unterschrift. Wer derartige Formulare zwischen Tür und Angel unterschreibt geht in der Regel ein enorm hohes Risiko ein; die Fälle sind ungezählt, in denen sich ein Mieter über ein derartiges Formular zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet hat, die nach dem Mietvertrag gar nicht seine Aufgabe waren.

Die Mietervereine raten daher ganz dringend, sich bei allen Fragen rund um die Schönheitsreparaturen sorgfältig beraten zu lassen, alle mietvertraglichen Klauseln kritisch zu hinterfragen und jedes Schriftstück, mit der Sie sich zur Durchführung von Schönheitsreparaturen oder zur Erstattung in Geld verpflichten, zu überschlafen, besser noch fachkundig überprüfen zu lassen.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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