Kommunalverfassung reformieren – Größere kommunale Einheiten schaffen

Kiel, den  22.05.2012

Kommunalverfassung reformieren – Größere kommunale Einheiten schaffen

Die schleswig-holsteinischen Mietervereine haben sich auf ihrem letzten Landesverbandstag unter anderem mit den nachteiligen Folgen der schleswig-holsteinischen Kommunalverfassung auseinandergesetzt. Mit aktuell 1.116 Gemeinden ist Schleswig-Holstein ausgesprochen kleinteilig. Dies stärkt zwar die Verbundenheit mit der eigenen Gemeinde, ist aber zugleich mit handfesten Nachteilen verbunden. Dies gilt beispielsweise für die Anwendung des Wohngeldgesetzes. Bundesweit sind alle Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern in eine von sechs Mietenstufen eingruppiert. Diese Mietenstufen spiegeln die örtliche Miethöhe wider.

An ihnen wird die Höhe des jeweiligen Wohngeldes ausgerichtet. Kommunen, die – weil sie zu klein sind – in keine eigene Mietenstufe eingruppiert sind, werden der Mietenstufe ihres Landkreises zugerechnet. Für die Insel Sylt bedeutet dies beispielsweise, dass die Gemeinden alle miteinander der Mietenstufe zwei zugerechnet werden, in die der Kreis Nordfriesland eingruppiert ist. Die Auswirkungen für die Bewohner von Westerland sind bekannt: Für einen Vier-Personen-Haushalt wird in der Mietenstufe zwei höchstens eine Miete von 523,00 € für die Wohngeldberechnung berücksichtigt. Würde  Westerland nach der Mietenstufe sechs berechnet, läge der Höchstbetrag für die zu berücksichtigende Miete bei 693,00 €. Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem zu berücksichtigenden Gesamteinkommen von 1.600,00 € beträgt das Wohngeld in Mietenstufe zwei 58,00 €, in Mietenstufe sechs würden hingegen 129,00 € bezahlt. In ähnlicher Weise sind praktisch alle Bädergemeinden – auch die an der Ostsee – betroffen.

Aber auch bei der Berechnung der Miethöhe bringt die Kleinteiligkeit spürbare Nachteile mit sich: Sie verhindert nämlich die vermehrte Aufstellung von Mietspiegeln. Mietspiegel sind ein bewährtes Instrument um die Miethöhe vor Ort zuverlässig festzustellen. Sie sind allen anderen Erkenntnisquellen überlegen, weil sie entweder von neutraler Stelle – zum Beispiel der Kommune –, oder von den Interessenverbänden der Mieter und Vermieter gemeinsam erstellt worden sind. Sie haben regelmäßig eine sehr breite Datenbasis. Infolgedessen haben sie eine große befriedende Wirkung auf die Mietvertragsparteien. Ohne diese Mietspiegel bilden sich fast überall „Möchtegern-Mietspiegel“ heraus, die sich Makler, Finanzämter oder Wohnungsunternehmen zusammengebastelt haben, ohne eine sorgfältige Kontrolle der eingeflossenen Daten oder der Berechnungsmodalitäten. In der Regel spiegeln diese Tabellen ein überhöhtes Mietgefüge wider. Weil sorgfältig erstellte Mietspiegel vergleichsweise teuer sind bedarf es aber größerer kommunaler Einheiten, um die Aufstellung eines Mietspiegels wirtschaftlich vernünftig zu gestalten.

Aus diesen Gründen greifen die schleswig-holsteinischen Mietervereine das Thema „Kommunalverfassung“ wieder auf mit der Forderung, auch im Interesse einkommensschwacher Bevölkerungsteile zu größeren Einheiten zu kommen. Letztendlich gehen damit auch spürbare Einsparungen an Verwaltungskosten einher, die sehr viel besser für mehr preiswerten Wohnraum oder für die vermehrte Aufstellung von Mietspiegeln eingesetzt werden könnten. Eine Reform der Kommunalverfassung muss nicht zwingend durch den Landesgesetzgeber verordnet werden. Die ersten freiwilligen Zusammenschlüsse haben gezeigt, dass vernunftgesteuerte Lösungen möglich sind. Gleichwohl appellieren die schleswig-holsteinischen Mietervereine an die zukünftige   Landesregierung und den Landesgesetzgeber, den Zusammenschluss von Kommunen insbesondere bei den Bädergemeinden sehr viel stärker zu fördern und ihm auch ein wenig Nachdruck zu verleihen.

Nähere Auskünfte zu allen hiermit zusammenhängenden Fragen erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Sprechzeiten und Aufnahmebedingungen können bei der Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes Schleswig-Holstein, Eggerstedtstraße 1, 24103 Kiel, Telefon 0431/97919-0 erfragt werden. Sie sind auch im Internet verfügbar unter www.mieterbund-schleswig-holstein.de.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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