Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein: Mieterbund zieht Negativbilanz

Kiel, den  29.03.2012

Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein: Mieterbund zieht Negativbilanz

Gegensätzlicher können Einschätzungen kaum sein: Während Innenminister Schlie eine positive Bilanz der Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein gezogen hat (Pressemitteilung vom 28.03.2012), sehen die schleswig-holsteinischen Mietervereine die Wohnraumversorgung im Lande auf rasanter Talfahrt. Die einzige Gemeinsamkeit mit Innenminister Schlie besteht in der Feststellung, dass es keine Wohnungsnot in Schleswig-Holstein gibt. Wen wundert’s: Wohnungsnot war nach dem Kriege.

Dafür konstatieren die Mietervereine aber eine ausgeprägte und sich verschärfende Mangellage in den Ballungsräumen, von der einkommensschwache Haushalte ganz besonders betroffen sind. Dies macht sich an spürbar steigenden Mieten für kleine und einfache Wohnungen fest, und zwar vom hamburgischen Umland über Lübeck und Kiel bis nach Flensburg. Die Ursache dafür ist leicht ausgemacht: Der Wohnungsneubau ist in den vergangenen 10 Jahren massiv eingebrochen, während die Zahl der Einwohner leicht und die Zahl der Haushalte deutlich gestiegen ist. Diese Disparität wird durch Abriss älterer Bausubstanz zusätzlich verschärft.

Die Wohnraumförderung des Landes nimmt sich dagegen – leider – als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein aus. Sie ist nicht einmal in der Lage, die dramatischen Verluste an Sozialwohnungen auszugleichen. Die Ursache dafür ist ebenfalls leicht ausgemacht: 220 Millionen EURO wurden 1997 für die soziale Wohnraumförderung eingesetzt. Seitdem ging es ständig bergab; der Tiefpunkt war im Jahre 2002 mit 56,91 Millionen EURO erreicht und stieg seitdem wieder leicht an. 2009 und 2010 wurden jeweils 125 Millionen EURO an Fördermitteln eingesetzt, um dann sofort wieder zusammengestrichen zu werden. Für 2011 bis 2014 stehen nur noch jeweils 90 Millionen EURO zur Verfügung. Dieser Betrag ist besser als nichts, aber viel zu wenig. Er könnte sehr viel höher sein, wenn das Land das sogenannte „Zweckvermögen Wohnungsbau“ nicht zweckentfremdet hätte. 40 Millionen EURO jährlich sind dem Wohnungsbau entzogen worden und werden stattdessen in die Krankenhausförderung gesteckt. Das Ergebnis kann man in Untersuchungen der Investitionsbank ablesen. Von ursprünglich über 200.000 geförderten Wohnungen sind aktuell knapp 66.500 Wohnungen übrig geblieben. Am 31.12.2013 werden weitere 12.395 Mietwohnungen ihren Status als Sozialwohnung verlieren. Am 01.01.2014 wird es dann nur noch 54.096 Sozialwohnungen geben. Die Mietervereine können nicht erkennen, was daran gut und überplanmäßig sein soll. Sie hätten es aber richtig gut gefunden, wenn der Innenminister überplanmäßige Fördermittel eingesetzt hätte. Denn langfristig halten sie einen Bestand von 120.000 gebundenen Wohnungen für erforderlich. Und was das Investitionsklima anbelangt, so übersieht das Ministerium offenbar, dass mit schleswig-holsteinischen Mietwohnungsbeständen ein schwunghafter Handel betrieben wird. Den muss man nicht fördern. Aber die Zahl der preiswerten Wohnungen stürzt weiter ab.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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