Mieterbund Schleswig-Holstein Beratungsstatistik 2013: Mehr Streit um Betriebskosten, Mieterhöhung

Kiel, den 01.04.2014

Mieterbund Schleswig-Holstein

Beratungsstatistik 2013: Mehr Streit um Betriebskosten, Mieterhöhungen und Kündigungen

Mängel, Kündigungen durch Mieter und Modernisierung rückläufig

Alljährlich wertet der Mieterbund Schleswig-Holstein die Beratungsstatistik[1] des Vorjahres aus. Dabei bilden sich für 2013 signifikante Veränderungen ab. Mit 121.286 fest vergebenen Beratungsterminen (ohne telefonische Kurzberatung und ohne die schriftliche Beantwortung von Anfragen) hat die Zahl der Beratungstermine erneut um 1,1 % zugelegt. Der Beratungsbedarf steigt weiter. Die einzelnen Beratungsgegenstände spiegeln dabei die veränderte Marktsituation deutlich wider.

Während Mieterhöhungen nach dem Vergleichsmietenverfahren (§ 558 BGB) bis in das Jahr 2012 hinein tendenziell rückläufig waren, ist deren Zahl in 2013 sprunghaft von 4.371 auf 6.343 Beratungsgespräche angestiegen. Dies entspricht einer Steigerung um 45,1 % und lässt für die nähere Zukunft erwarten, dass der Mietenanstieg sich beschleunigt, weil die höheren Mieten Eingang in die ortsübliche Vergleichsmiete finden und die Basis für höhere Neuvermietungsmieten und weitere Mieterhöhungen im Bestand legen.

Die Beratungsnachfrage wegen Modernisierungsmieterhöhungen (§ 559 BGB) war allerdings leicht rückläufig. Mit 0,7 % an der Gesamtzahl aller Beratungen spielt diese Form der Mieterhöhung jedoch keine große Rolle, weil auch die Zahl der Modernisierungsmaßnahmen eher gering ist. Das gleiche gilt für einvernehmliche Mieterhöhungen (§ 557 BGB), die noch nie eine größere Rolle gespielt haben.

Die Zahl strittiger Betriebskostenabrechnungen hat mit 7,4 % leicht, die der Heizkostenabrechnungen mit 21,6 % deutlich zugelegt. Letzteres ist auf die hohen Energiekosten zurückzuführen, die sich in den Abrechnungen, die 2013 vorgelegt wurden niedergeschlagen haben. Es dürfte aber auch der kalte und lange Winter 2012/2013 eine große Rolle gespielt haben.

Als besonders bedrohlich nimmt die Mieterorganisation jedoch den deutlichen Anstieg bei den Eigenbedarfskündigungen wahr, die den häufigsten Kündigungsgrund von Vermietern überhaupt darstellen. Deren Anzahl ist von 2.257 auf 2.886 Beratungsfälle hochgeschnellt. Dies entspricht einer Steigerung um 27,8 %. Auch wenn viele Eigenbedarfskündigungen am Ende im Sande verlaufen (und damit den Verdacht nähren, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war), nehmen die meisten Mieter eine Eigenbedarfskündigung als besonders einschneidend wahr, weil damit ihr Lebensmittelpunkt berührt ist und zu allem Überfluss in den Ballungsräumen auch nicht ohne weiteres Ersatz zu bekommen ist. Nach Erfahrung der schleswig-holsteinischen Mietervereine ist der Anstieg bei den Vermieterkündigungen ein starkes Indiz für einen angespannten Wohnungsmarkt, weil in vielen Fällen auf dem Umweg über die Kündigung in Wahrheit eine bessere Rendite durch Neuvermietung angestrebt wird.

Auf der gleichen Linie liegt der deutlich  überproportionale Anstieg bei den Verwertungskündigungen. Diese bleiben zwar zahlenmäßig weit hinter den Eigenbedarfskündigungen zurück – der Einschnitt für betroffene Mieterhaushalte ist aber nicht minder scharf, als bei eine Eigenbedarfskündigung. Den enormen Anstieg selber führen die Mietervereine auf eine Änderung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zurück, der diese Form der Kündigung spürbar erleichtert hat.

Es passt ins Bild, dass Beratungsgespräche um Kündigungen, die Mieter selber ausgesprochen haben, deutlich rückläufig sind. Das Minus beträgt 33,1 % und spiegelt die Tatsache wider, dass es in Ermangelung von Ersatzwohnungen spürbar schwieriger geworden ist überhaupt umzuziehen. Es ist schwer eine passende Wohnung zu finden und wenn sie denn gefunden wird ist sie in der Regel sehr viel teurer als die alte Wohnung.

So nimmt es auch nicht wunder, dass nach mehreren Jahren relativer Ruhe auch die Konflikte um Maklercourtagen wieder zunehmen. Nicht zuletzt deshalb wird es Zeit, dass die von der Großen Koalition angedachte Änderung im Maklerrecht umgesetzt wird, wonach der Besteller für die Maklercourtage aufzukommen hat. Je früher die Neuregelung kommt, desto besser.

Schönheitsreparaturen haben über mehrere Jahre lang in der Beratung der Mietervereine keine große Rolle gespielt, weil der Bundesgerichtshof die maßlosen, teilweise unverschämten Bedingungen in Formularmietverträgen der Vermieterverbände gleich reihenweise kassiert hat. Nachdem aber die Mietverhältnisse mit den daraufhin angepassten Mietvertragsformularen jetzt in die Jahre kommen, legt auch dieser Konfliktstoff mit einem Plus von 7,5 % wieder deutlich zu.

Die Statistik zeigt aber auch erfreuliche Entwicklungen: So haben Beratungsgespräche um Mängel des Mietobjektes erstmals seit Jahren wieder eine rückläufige Tendenz. Allerdings bezweifelt der Mieterbund Schleswig-Holstein, dass dies auf einen insgesamt besseren Zustand der Gebäudesubstanz zurückzuführen wäre. Wahrscheinlicher ist es nach Meinung der Mietervereine, dass Mieter vor dem Hintergrund der Anspannung auf dem Wohnungsmarkt vorsichtiger geworden sind und ihre Mängelbeseitigungsansprüche lieber zurückstellen.

Auch die Mängelbeseitigungsansprüche von Vermietern sind seltener beraten worden. Das Minus beträgt 18,7 %. Dies hängt nach Meinung der Mietervereine mit dem Phänomen zusammen, dass die Umzugsrate in Ermangelung von Wohnungsangeboten rückläufig ist. Da Ansprüche dieser Art in den meisten Fällen bei der Wohnungsrückgabe geltend gemacht werden, müssen Sie zwangsläufig seltener auftreten.

Rückläufig waren auch fristlose Kündigungen von Vermietern. Aber auch hier dürfte die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine große Rolle spielen, der die ordentliche Kündigung in Fällen von ungerechtfertigten Zahlungsrückständen des Mieters spürbar gestärkt hat.

Bei allen Veränderungen muss berücksichtigt werden, dass die absolute Zahl der Beratungen weiter zugenommen hat. Dies schlägt sich natürlich auch bei den einzelnen Beratungsgegenständen nieder. Schwankungen von Beratungsgegenständen mit niedriger Fallzahl weisen häufig hohe prozentuale Veränderungen auf. Trends lassen sich daraus mit der erforderlichen Zuverlässigkeit nicht ableiten.

Die schleswig-holsteinischen Mietervereine sehen sich durch die Statistik des Vorjahres in ihrer Forderung nach einer niedrigeren Kappungsgrenze in Ballungsräumen bei Mieterhöhungen im Bestand gestärkt. Aus dem gleichen Grunde halten Sie auch die Forderung nach einer Kappungsgrenze bei Neuvermietung für gerechtfertigt. Die Einwendungen der Vermieterseite erachten sie für grundlos, weil Neubauten von der Kappung ausdrücklich ausgenommen werden sollen.

Die Mietervereine halten es auch für erforderlich, dass der Kündigungsschutz nachjustiert wird, weil Missbrauchsfälle aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach ihrer Wahrnehmung spürbar zugenommen haben.

An die Landesregierung geht die nachdrückliche Aufforderung, die Zahl öffentlich geförderter Wohnungen spürbar zu erhöhen. 2014 ist nämlich ein schwarzes Jahr für einkommensschwache Mieterhaushalte, weil mit dem 30.06.2014 rund 15.000 öffentlich geförderte Wohnungen gewolltermaßen ihren Status als öffentlich geförderte Wohnung verlieren. Damit schrumpft der Sozialwohnungsbestand von rund 65.000 auf unter 50.000 Einheiten. Es ist schon lange Zeit, diesen Trend umzukehren.

Gegenstand

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Veränd. %

Anteil %

Mängel des Mietobjektes

30.629

30.771

31.343

35.857

38.371

32.714

-14,7

27,0

Betriebskosten

20.114

19.829

20.714

24.114

22.371

24.029

7,4

19,8

Heizkosten

15.686

18.200

18.429

19.886

19.714

23.971

21,6

19,8

Kaution

7.714

6.971

6.571

8.114

7.771

7.857

1,1

6,5

Sonstiges

8.029

7.400

6.914

5.971

6.771

6.971

3,0

5,7

Mieterhöhung § 558 BGB

5.000

4.286

4.114

5.543

4.371

6.343

45,1

5,2

Schönheitsreparaturen

5.000

5.371

3.657

4.514

3.800

4.086

7,5

3,4

Kündigung Eigenbedarf

1.486

1.800

1.686

1.971

2.257

2.886

27,8

2,4

Mängelbes.-Ansprüche des Verm.

2.600

2.657

2.800

2.486

3.057

2.486

-18,7

2,0

Mieterkündigung

4.086

3.400

3.486

3.714

3.543

2.371

-33,1

2,0

Überprüfung Mietvertrag

1.114

1.314

1.429

1.571

2.029

1.743

-14,1

1,4

Sonstige Beendigung des MV

914

714

800

971

771

1.143

48,1

0,9

Kündigung fristl. Vermieter

1.343

1.429

1.343

1.257

1.429

943

-34,0

0,8

Mieterhöhung §  559 BGB

1.086

629

514

771

971

886

-8,8

0,7

Kündigung Wirtsch. Verwertung

714

543

371

343

286

743

160,0

0,6

Modernisierung

886

457

1.086

486

714

686

-4,0

0,6

Nebenräume Gärten

400

229

171

543

314

400

27,3

0,3

Mieterhöhung § 557 BGB

514

486

143

200

514

343

-33,3

0,3

Untervermietung/WG

286

171

171

143

343

229

-33,3

0,2

Tierhaltung

114

143

114

86

371

229

-38,5

0,2

Mieterhöhung §  560 BGB

200

171

143

0

143

114

-20,0

0,1

Maklercourtage

57

29

86

29

0

114

 

0,1

Kostenmieterhöhung

29

29

29

86

0

0

 

0,0

Gesamtanzahl

108.000

107.029

106.114

118.657

119.914

121.286

1,1

100,0

 

Nähere Auskünfte zu allen hiermit zusammenhängenden Fragen erteilen alle schleswig-holsteinischen Mietervereine. Deren Sprechzeiten und Aufnahmebedingungen können bei der Landesgeschäftsstelle des Mieterbundes Schleswig-Holstein, Eggerstedtstraße 1, 24103 Kiel, Telefon 0431/97919-0 erfragt werden. Sie sind auch im Internet verfügbar unter www.mieterbund-schleswig-holstein.de.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel


[1] Datengrundlage: Der Kieler Mieterverein erhebt in seiner Hauptgeschäftsstelle und in den sieben Außenstellen von Kaltenkirchen bis Husum in jeder ersten vollen Woche jedes Monats für jeden Beratungstermin den Beratungsgegenstand. Diese Zahl wird für den Kieler Mieterverein auf das Kalenderjahr hochgerechnet. Sie wird weiter auf das ganze Land hochgerechnet unter Verwendung des Prozentanteils der Mitglieder des Kieler Mietervereins am Mitgliederbestand des Landesverbandes. Dieser beträgt 42 %. Die Beratungsstellen des Kieler Mietervereins spiegeln einen guten Querschnitt der unterschiedlichen Regionen Schleswig-Holsteins wider.

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