Mietvertragsformulare und das neue Mietrecht

Kiel, den 06.09.2001

Mietvertragsformulare und das neue Mietrecht

Am 01.09.2001 ist das Mietrechtsreformgesetz in Kraft getreten und bringt eine Vielzahl von Veränderungen mit sich. Aus gegebener Veranlassung weisen die Mietervereine im Lande darauf hin, dass dies nicht den Abschluss neuer Mietverträge erforderlich macht. Vielmehr bleiben alle handschriftlich und formularmäßig verfassten Mietverträge aus der Zeit vor dem 01.09. weiterhin gültig.

Ihre Inhalte können sich jedoch in einzelnen Punkten kraft Gesetzes verändern. Dies gilt nach Auffassung des Landesmieterbundes beispielsweise für die Kündigungsfristen. In vielen Formularmietverträgen findet sich eine Klausel, wonach die 3 Monatskündigungsfrist nach 5, 8 und 10 Jahren seit der Überlassung des Wohnraums sich um jeweils 3 Monate verlängert. Im Extremfall beträgt die Kündigungsfrist dann 12 Monate. Aus den Reihen der Vermieterverbände wird die Auffassung vertreten, dass hier das Überleitungsgesetz greift, wonach diese langen Kündigungsfristen aus Altverträgen auch nach dem 01.09. gelten. Diese Auffassung wird vom Landesmieterbund nicht geteilt. Dieser bezieht sich auf die Beratungen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, der genau diese Frage thematisiert hat. Danach sollen längere Kündigungsfristen nur dann fortwirken, wenn sie auf individuellen Vereinbarungen beruhen. Haben die Parteien jedoch lediglich allgemein auf die gesetzliche Regelung verwiesen oder diese im Rahmen von Formularklauseln nur wiederholt, so liege diesen Formularklauseln eben kein Vereinbarungscharakter zugrunde. In diesem Falle gelte dann die unabdingbare gesetzliche Neuregelung mit einer Frist von 3 Monaten.

In diesem Zusammenhang warnt der Landesmieterbund vor Leichtgläubigkeit in die Wirksamkeit von Formularvereinbarungen. Die Mehrzahl der in Schleswig-Holstein verwendeten Mietvertragsformulare ist von Vermieterverbänden entworfen und gedruckt worden. Es liege auf der Hand, dass Vermieterverbände ihre Mietvertragsformulare so ausgestalten, dass die Rechte der Mieter weitgehend eingeschränkt und die der Vermieter weitgehend gestärkt werden. Im Einzelfall könne dies durchaus auf die Formel gebracht werden, dass Vermieterverbände ihre Mietvertragsformulare immer auf dem neuesten Stand der Mieterfeindlichkeit halten. Dabei gehen sie allerdings vereinzelt so weit, dass sie den Gestaltungsrahmen des mietrechtlich Zulässigen verlassen und unabdingbare Mieterrechte so sehr verbiegen, dass die entsprechende Regelung unwirksam wird. Beispiel: Nach bürgerlichem Recht (alt wie neu) ist die Durchführung von Schönheitsreparaturen grundsätzlich Vermietersache. In der Mehrzahl der Formularmietverträge wird diese Pflicht aber auf den Mieter abgewälzt. Die Rechtsprechung hat dazu allerdings den Grundsatz entwickelt, dass ein Vermieter nicht mehr an Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzen darf, als es dessen Wohndauer entspricht. Verpflichtet ein Formularmietvertrag aber einen Mieter, eine unrenoviert übergebene Wohnung im Rahmen eines Fristenplanes fortlaufend zu renovieren und diese bei Beendigung frisch renoviert zurück zu geben, so müsste dieser Mieter mehr an Schönheitsreparaturen erbringen, als es seiner Wohndauer entspricht. In diesem Falle wäre die entsprechende Klausel unwirksam mit der Folge, dass die Verpflichtung Schönheitsreparaturen durchzuführen entsprechend der gesetzlichen Regelung beim Vermieter verblieben wäre. Dieser Mieter müsste keinen Finger krumm machen, was die Ausführung von Schönheitsreparaturen anbelangt. Aus diesem Grunde rät der Landesmieterbund allen Mieterhaushalten im Lande, bestehende Mietvertragsformulare kritisch zu hinterfragen und nicht blindlings an die Wirksamkeit der darin enthaltenen Vereinbarungen zu glauben. Beim Neuabschluss von Mietverträgen lohnt sich immer ein Blick auf den Herausgeber des entsprechenden Formulars. Mietvertragsformulare von Vermieterverbänden sind in der Regel vermieterfreundlich und mieterunfreundlich. Wer der Verwendung derartiger Exemplare ausweichen kann, sollte seine Möglichkeiten nutzen. Im Zeitalter elektronischer Medien ist es kein Problem an ausgewogene Mietvertragsformulare zu kommen – diese können im Internet an vielfältigen Stellen kostenlos herunter geladen werden. Auch im Handel sind Mietvertragsformulare erhältlich, die sich nicht den Vorwurf gefallen lassen müssen, einseitig und kompromisslos an Vermieterinteressen ausgerichtet zu sein, sondern partnerschaftlichen Vereinbarungen Raum lassen.

Der Streit um Formularmietverträge hat übrigens Geschichte; schon Ende des 19. Jahrhunderts haben Vermieterverbände sämtliche mieterfreundlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches durch Formularmietverträge ausgehebelt und diese zu wahren Knebelungsverträgen umgestaltet. Der massenhafte Missbrauch von Formularmietverträgen erst hat die Gründung von Mietervereinen initiiert, die sich gegen diese Machenschaften zur Wehr gesetzt haben. An diesem Streit hat sich bis heute nicht viel geändert; immer wieder musste der Gesetzgeber die Vermieterverbände in ihre Schranken weisen. Und so ist es auch kein Zufall, dass sich bei vielen gesetzlichen Regelungen im alten, wie im neuen Recht der Wille des Gesetzgebers in folgender Bestimmung niederschlägt:

„Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam“.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

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