Unangemessen hohes Mietgefüge in Schleswig-Holstein Mieterbund fordert gemeinsame Aktionen von Land und Kommunen

Kiel, den 29.01.2004

Unangemessen hohes Mietgefüge in Schleswig-Holstein
Mieterbund fordert gemeinsame Aktionen von Land und Kommunen

Der Landesmieterbund kritisiert seit langem ein unangemessen hohes Mietgefüge in Schleswig-Holstein. Schon die Gebäude- und Wohnungszählung des Jahres 1987 hat gezeigt, dass Schleswig-Holstein unverhältnismäßig teuer ist. Allerdings sind diese Daten inzwischen zu alt, als dass man sich auf sie noch seriös stützen könnte.

Eine aktuelle und vergleichsweise zuverlässige Quelle findet sich aber in den Mietenstufen der Wohngeldverordnung. Die Mieterorganisation hat die darin für die einzelnen Bundesländern festgelegten Mietenstufen ausgewertet. Das Ergebnis belegt, dass die Kritik der Mieterorganisation immer noch berechtigt ist. Die 63 unmittelbar zugeordneten Kreise und Kommunen Schleswig-Holsteins verteilen sich auf die einzelnen Mietenstufen wie folgt:

 

Mietenstufe

Abweichung vom Bundesdurchschnitt

Kreise/Kommunen

1

niedriger als minus 15 %

0

2

minus 15 % bis niedriger als minus 5 %

2

3

minus 5 % bis niedriger als 5 %

9

4

5 % bis niedriger als 15%

24

5

15% bis niedriger als 25 %

19

6

25 % und höher

9

Ges.

63

Die folgende Tabelle zeigt Schleswig-Holstein im Vergleich zu den anderen Bundesländern absolut und prozentual:

Kommunen

in Mietenstufen absolut

in Mietenstufen prozentual

Bundesland/Mietstufe

1

2

3

4

5

6

Ges.

1

2

3

4

5

6

Baden-Württemberg

19

85

96

53

23

0

276

6,9

30,8

34,8

19,2

8,3

0,0

Bayern

87

79

50

23

20

28

287

30,3

27,5

17,4

8,0

7,0

9,8

Berlin

1

1

0,0

0,0

0,0

100,0

0,0

0,0

Brandenburg

10

28

25

4

67

14,9

41,8

37,3

6,0

0,0

0,0

Bremen

1

1

2

0,0

0,0

50,0

50,0

0,0

0,0

Hamburg

1

1

0,0

0,0

0,0

0,0

100,0

0,0

Hessen

16

40

50

36

39

10

191

8,4

20,9

26,2

18,8

20,4

5,2

Mecklenburg-Vorpommern

1

16

20

2

39

2,6

41,0

51,3

5,1

0,0

0,0

Niedersachsen

43

86

62

28

10

5

234

18,4

36,8

26,5

12,0

4,3

2,1

Nordrhein-Westfalen

13

91

163

70

19

1

357

3,6

25,5

45,7

19,6

5,3

0,3

Rheinland-Pfalz

9

19

35

6

1

70

12,9

27,1

50,0

8,6

1,4

0,0

Saarland

4

25

14

2

45

8,9

55,6

31,1

4,4

0,0

0,0

Sachsen

9

46

31

7

93

9,7

49,5

33,3

7,5

0,0

0,0

Sachsen-Anhalt

14

34

11

59

23,7

57,6

18,6

0,0

0,0

0,0

Schleswig-Holstein

2

9

24

19

9

63

0,0

3,2

14,3

38,1

30,2

14,3

Thüringen

11

34

5

50

22,0

68,0

10,0

0,0

0,0

0,0

Besonderes Augenmerk gilt hier den Mietenstufen 1 und 6; in ersterer ist Bayern mit 30,3% und Niedersachsen mit 18,4% gut vertreten; diese Mietenstufe kommt in Schleswig-Holstein überhaupt nicht vor. In letzterer finden sich überhaupt nur Schleswig-Holstein, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Das bevölkerungsreichste Bundesland ist in dieser Mietenstufe gerade mal mit 0,3% der Kommunen vertreten gegenüber Schleswig-Holstein mit 14,3%. Die Rangfolge Schleswig-Holsteins in den einzelnen Mietenstufen nimmt sich vergleichbar unerfreulich aus:

Rang

Bundesland/Mietenstufe

1

Rang

Bundesland/Mietenstufe

2

1.

Bayern

30,3

1.

Thüringen

68,0

2.

Sachsen-Anhalt

23,7

2.

Sachsen-Anhalt

57,6

3.

Thüringen

22,0

3.

Saarland

55,6

4.

Niedersachsen

18,4

4.

Sachsen

49,5

5.

Brandenburg

14,9

5.

Brandenburg

41,8

6.

Rheinland-Pfalz

12,9

6.

Mecklenburg-Vorpommern

41,0

7.

Sachsen

9,7

7.

Niedersachsen

36,8

8.

Saarland

8,9

8.

Baden-Württemberg

30,8

9.

Hessen

8,4

9.

Bayern

27,5

10.

Baden-Württemberg

6,9

10.

Rheinland-Pfalz

27,1

11.

Nordrhein-Westfalen

3,6

11.

Nordrhein-Westfalen

25,5

12.

Mecklenburg-Vorpommern

2,6

12.

Hessen

20,9

13.

Berlin

0,0

13.

Schleswig-Holstein

3,2

14.

Bremen

0,0

14.

Berlin

0,0

15.

Hamburg

0,0

15.

Bremen

0,0

16.

Schleswig-Holstein

0,0

16.

Hamburg

0,0

Rang

Bundesland/Mietenstufe

3

Rang

Bundesland/Mietenstufe

4

1.

Mecklenburg-Vorpommern

51,3

1.

Berlin

100,0

2.

Bremen

50,0

2.

Bremen

50,0

3.

Rheinland-Pfalz

50,0

3.

Schleswig-Holstein

38,1

4.

Nordrhein-Westfalen

45,7

4.

Nordrhein-Westfalen

19,6

5.

Brandenburg

37,3

5.

Baden-Württemberg

19,2

6.

Baden-Württemberg

34,8

6.

Hessen

18,8

7.

Sachsen

33,3

7.

Niedersachsen

12,0

8.

Saarland

31,1

8.

Rheinland-Pfalz

8,6

9.

Niedersachsen

26,5

9.

Bayern

8,0

10.

Hessen

26,2

10.

Sachsen

7,5

11.

Sachsen-Anhalt

18,6

11.

Brandenburg

6,0

12.

Bayern

17,4

12.

Mecklenburg-Vorpommern

5,1

13.

Schleswig-Holstein

14,3

13.

Saarland

4,4

14.

Thüringen

10,0

14.

Hamburg

0,0

15.

Berlin

0,0

15.

Sachsen-Anhalt

0,0

16.

Hamburg

0,0

16.

Thüringen

0,0

Rang

Bundesland/Mietenstufe

5

Rang

Bundesland/Mietenstufe

6

1.

Hamburg

100,0

1.

Schleswig-Holstein

14,3

2.

Schleswig-Holstein

30,2

2.

Bayern

9,8

3.

Hessen

20,4

3.

Hessen

5,2

4.

Baden-Württemberg

8,3

4.

Niedersachsen

2,1

5.

Bayern

7,0

5.

Nordrhein-Westfalen

0,3

6.

Nordrhein-Westfalen

5,3

6.

Baden-Württemberg

0,0

7.

Niedersachsen

4,3

7.

Berlin

0,0

8.

Rheinland-Pfalz

1,4

8.

Brandenburg

0,0

9.

Berlin

0,0

9.

Bremen

0,0

10.

Brandenburg

0,0

10.

Hamburg

0,0

11.

Bremen

0,0

11.

Mecklenburg-Vorpommern

0,0

12.

Mecklenburg-Vorpommern

0,0

12.

Rheinland-Pfalz

0,0

13.

Saarland

0,0

13.

Saarland

0,0

14.

Sachsen

0,0

14.

Sachsen

0,0

15.

Sachsen-Anhalt

0,0

15.

Sachsen-Anhalt

0,0

16.

Thüringen

0,0

16.

Thüringen

0,0

Danach belegt Schleswig-Holstein in Mietenstufe eins den letzten Platz, da diese Mietenstufe in den Stadtstaaten nicht vorkommen kann. Vergleichbares gilt sinngemäß für die Mietenstufe zwei, Schleswig-Holstein nimmt hier den letzten Platz unter den Flächenstaaten ein. In der Mietenstufe drei sieht es kaum besser aus; nur Thüringen ist mit 10 Prozent seiner Kommunen in dieser Mietenstufe geringfügig schlechter vertreten.

Ein völlig anderes Bild zeigt sich in den teureren Mietenstufen. Schon in der Mietenstufe vier liegt Schleswig-Holstein auf Platz drei hinter Berlin und Bremen und führt damit die Flächenstaaten an. In der Mietenstufe fünf finden sich 30,2% der schleswig-holsteinischen Kommunen, nur noch übertroffen von Hamburg. Und in der überaus teuren Mietenstufe sechs führt Schleswig-Holstein einsam die Spitze an.

Komprimiert lassen sich diese Zahlen im Verhältnis der Mietenstufen eins bis drei zu den Mietenstufen vier bis sechs darstellen: 17,5% oder gerade mal jede fünfte Kommune Schleswig-Holsteins sind in die preiswerte und 82,5% nämlich acht von zehn Kommunen sind in die teuren Mietenstufen eingruppiert. Am preiswertesten wohnt er sich danach in Sachsen-Anhalt, Thüringen und im Saarland, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Rheinland-Pfalz. Hier das Ranking Bundesländer:

Anzahl Kommunen in Mietstufe abs.

Aufteilung in Mietstufen abs. und %

Bundesland/Mietstufe

1

2

3

4

5

6

Ges. 1 bis 3

4 bis 6

Ges.

1 bis 3

4 bis 6

Ges.

Sachsen-Anhalt

14

34

11

59

59

0

59

100,0

0,0

100

Thüringen

11

34

5

50

50

0

50

100,0

0,0

100

Saarland

4

25

14

2

45

43

2

45

95,6

4,4

100

Mecklenburg-Vorpommern

1

16

20

2

39

37

2

39

94,9

5,1

100

Brandenburg

10

28

25

4

67

63

4

67

94,0

6,0

100

Sachsen

9

46

31

7

93

86

7

93

92,5

7,5

100

Rheinland-Pfalz

9

19

35

6

1

70

63

7

70

90,0

10,0

100

Niedersachsen

43

86

62

28

10

5

234

191

43

234

81,6

18,4

100

Bayern

87

79

50

23

20

28

287

216

71

287

75,3

24,7

100

Nordrhein-Westfalen

13

91

163

70

19

1

357

267

90

357

74,8

25,2

100

Baden-Württemberg

19

85

96

53

23

0

276

200

76

276

72,5

27,5

100

Hessen

16

40

50

36

39

10

191

106

85

191

55,5

44,5

100

Bremen

1

1

2

1

1

2

50,0

50,0

100

Schleswig-Holstein

2

9

24

19

9

63

11

52

63

17,5

82,5

100

Berlin

1

1

0

1

1

0,0

100,0

100

Hamburg

1

1

0

1

1

0,0

100,0

100

Vor dem Hintergrund des schrumpfenden Sozialwohnungsbestandes und des Ausverkaufes der preiswerten Wohnungsunternehmen in Schleswig-Holstein auf der einen Seite und im Hinblick auf den steilen Anstieg finanzschwacher Haushalte auf der anderen Seite fordert die Mieterorganisation energische Maßnahmen zur Senkung des überhöhten Mietgefüges. Land und Kommunen sind gefordert, gemeinsam zunächst einem weiteren Anstieg der Mieten entgegenzuwirken, um die Parität zu den übrigen Bundesländern zu verbessern. Dazu gehören der Ankauf und der Tausch von Preis- und Belegungsbindungen um mit einem preiswerten Wohnungsbestand auf die ortsübliche Vergleichsmiete einzuwirken. Dazu gehört die vermehrte Errichtung von Mietspiegeln, um mehr Markttransparenz herzustellen. Dazu gehört die Förderung von Wohnungsbaugenossenschaften, um ein Gegengewicht zu den ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen geprägten Großanbietern zu schaffen. Dazu gehört aber auch die Bewahrung eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes. Öffentlich geförderter Abriss von Wohnraum zum Zwecke der Marktbereinigung trifft auf schärfste Kritik der Mieterorganisation. Nach Auffassung der Mietervereine muss es auch im Interesse der Kommunen liegen, ein preiswertes Mietgefüge vorzuhalten, um die Abwanderung ins Umland zu stoppen und eine Explosion der Sozialhilfeetats zu verhindern.

In diesem Sinne sieht die Mieterorganisation Handlungsbedarf auch bei den Bädergemeinden. Diese sind ausnahmslos mit einem völlig überteuerten Mietgefüge geschlagen. Die einheimische Wohnbevölkerung wird systematisch verdrängt. Weil die Kommunen von der Einwohnerzahl her zu klein sind, werden sie nach dem Wohngeldgesetz der Mietenstufe ihres Kreises zugeordnet. Dies führt zu dem aberwitzigen Ergebnis, dass beispielsweise auch die gesamte Insel Sylt über den Kreis Nordfriesland in die Mietenstufe drei eingruppiert ist, obwohl es der Überlegung wert wäre, für die Insel die Mietenstufe sieben neu einzuführen. Deswegen fordert die Mieterorganisation das Land und die Kommunen auf, auf den Verordnungsgeber einzuwirken mit dem Ziel die Bädergemeinden eigenständig in Mietenstufen einzugruppieren.

Verantwortlich: Jochen Kiersch – Kiel

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